"Digitale Entmachtung der Führungskräfte?" und "Arbeitsgestaltung im digitalen Zeitalter - Projekt BalanceGuard gestartet"
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Neues aus der Forschung
"Digitale Entmachtung der Führungskräfte?" und "Arbeitsgestaltung im digitalen Zeitalter - Projekt BalanceGuard gestartet"

Digitale Entmachtung der Führungskräfte?
FernUniversität in Hagen
Je digitaler die Arbeitswelt wird, desto mehr stellt sich die Frage nach der Digitalisierung der Mitarbeiterführung. Welche Möglichkeiten eröffnen sich hier Führungskräften? Ist „Digital Leadership“ tatsächlich etwas ganz anderes ist als die persönliche „Face-to-Face“-Führung? Mit diesen Fragen befasst sich Prof. Dr. Jürgen Weibler von der FernUniversität in Hagen. Der Betriebswirt und Psychologe ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insb. Personalführung und Organisation.
Eine „bloße Digitalisierung von Gestaltungsmitteln“ rechtfertigt es für Prof. Weibler jedenfalls nicht, „von einer eigenständigen Variante des Führens zu sprechen“. Dass in digitalen Medien Führungspotenzial steckt, heiße nicht unbedingt, dass durch sie automatisch Führung im Sinne bewusster Einflussnahme entstehe. Jürgen Weibler: „Diese Werkzeuge müssen im Führungsprozess gezielt eingesetzt werden.“ Zwar dürften mit dem Thema „Digitale Führung“ als erstes innovative Unternehmen konfrontiert sein, deren Geschäftsfeld neue Technologien sind bzw. die diese in ihrer Organisation einsetzen. Doch die anderen werden folgen.
Dazu müssen integrierte Strategien entwickelt werden, denn jede ernsthafte Digitalisierung von Geschäftsprozessen hat Folgen für die Organisationskultur- und -struktur, für die Personalpolitik und eben für die Führung selbst. Um dies zu managen, wird anfangs oft die Führungs- oder Organisationsstruktur direkt erweitert oder es wird gezielt auf Erfahrungsaustausch gesetzt : Ein Chief Information Officer (CIO) soll die Fäden zusammenhalten…, es wird gleich eine ganze digitale Sektion eingerichtet…, Digital Champions vermitteln in ihren Teams ihre gemachten Erfahrungen…, Digital Natives und Senior Management Members bilden Paare usw.
Viele Manager haben das Thema Digital Leadership für sich schon angenommen und verstanden, dass sie dabei stärker auf Augenhöhe kommunizieren müssen. Weibler: „Ein bloßes ‚Update‘ des klassischen Führungsverständnisses reicht nicht mehr, es muss schon mittelfristig ein Wechsel des ‚Betriebssystems‘ werden.“ Denn auf digitalem Weg entstehen zunehmend neue Macht- und Einflussmöglichkeiten jenseits der Hierarchie. Es fängt bei der kollaborativen Arbeitssoftware an und setzt sich in einer online-Verständigung über Ideen von Vorgesetzten fort, einer Meinungsbildung mit offenem Ausgang. Dem kann man sich faktisch nicht einfach entziehen. Eigendynamiken entstehen, Gewichte verlagern und formale und informelle Strukturen ändern sich.
Herausforderungen für Wissenschaft
Für die Wissenschaft sieht Weibler die Aufgabe, Motive, Prozesse und Folgen dieser Art der Führung empirisch zu untersuchen. Für Organisationen gilt bis auf weiteres „Experimentieren und genau hinschauen! Das ist sozusagen der Google Way – nicht die schlechteste Adresse für Innovationen.“ Und sich immer mal wieder die Frage zu stellen, „was eine künstliche intelligente Macht, nämlich ein Computer der kommenden Generationen, in einer virtuellen Führungsbeziehung mit Blick auf die eigene Führungsriege nicht leisten könnte“. Der Computer als Chef oder Chefin? Undenkbar? „Keinesfalls und schon gar nicht im Silicon Valley. Dann diskutieren wir die Entmachtungsfrage von Führungskräften durch Maschinen und ihre Programme substantiell neu. Dies führt uns unweigerlich zum Kern der Führung. Anfangen darf man natürlich schon jet
http://www.fernuni-hagen.de/universitaet/aktuelles/2016/09/am-06-digital...
Arbeitsgestaltung im digitalen Zeitalter - Projekt BalanceGuard gestartet
Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW
Während der Zugfahrt nach Hause wird „noch schnell“ die Präsentation für das morgige Meeting auf Laptop oder Tablet vorbereitet … Nur ein Beispiel dafür, dass Arbeit mobiler und flexibler wird. Zudem ist mehr Organisation gefordert, um Privatleben und Familie, nicht selten die Pflege und Betreuung von Angehörigen, und den Job unter einen Hut zu bringen. Die Erholung kommt so oft zu kurz. Es ist daher wichtig, die Arbeitsschutzinstrumente noch weiter an die Herausforderungen von Flexibilisierung und Digitalisierung anzupassen – genau darum geht es im Projekt BalanceGuard.
Vor allem psychische Belastungen wie Termin- und Leistungsdruck, Multitasking und daraus resultierende Beeinträchtigungen der Gesundheit haben in vielen Branchen zugenommen. Dies zeigt die aktuelle Beschäftigtenbefragung des Landesinstituts für Arbeitsgestaltung (LIA.nrw). Neue Instrumente des Arbeitsschutzes dürfen sich nicht mehr nur auf Belegschaften, Abteilungen oder Arbeitsteams als Ganzes konzentrieren, sondern sollten die Beschäftigten auch individuell in den Blick nehmen. Sie sollten gefragt werden: „Was belastet Sie konkret?“ Im kürzlich gestarteten Projektverbund BalanceGuard wird deshalb ein Assistenzsystem entwickelt und erprobt, das individuelle aber auch betriebliche Präventionsstrategien unterstützen soll.
Im Projekt BalanceGuard arbeitet ein interdisziplinäres Team zusammen. Beteiligt sind neben dem Landesinstitut für Arbeitsgestaltung Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw) als Verbundkoordinator, die Stock Informatik GmbH & Co. KG (Fröndenberg) und die gaus gmbh – medien bildung politikberatung (Dortmund) als Entwicklungspartner. Die Anwendung wird im Caritasverband Hannover e.V. (Hannover) und in der Manpower GmbH & Co. KG Personaldienstleistungen (Eschborn) getestet. Die Praxispartner sind in den sozialen Dienstleistungen und in der Zeitarbeit verankert. Das Projekt wird bis 2019 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts "Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ gefördert.
http://www.lia.nrw.de/service/pressearchiv/2016/160908_BalanceGuard/inde...
Bild: Andreas Hermsdorf www.pixelio.de