Woran scheitern Wissenschaftler?
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Aktuelle Diskussion Wissenschaftsmanagement 4/14
Woran scheitern Wissenschaftler?

Aber: Große, gesellschaftlich höchst relevante Forschungsprojekte geraten heute ebenso in die öffentliche Diskussion wie umstrittene Großbauvorhaben. Über bestimmte Forschungsgebiete, etwa grüne Gentechnik oder Fracking, wird mit teils hoher Emotionalität öffentlich debattiert: Offensichtlich „vernünftige“ Projekte können schließlich am Widerstand von Interessengruppen scheitern, und zwar unabhängig von der Bewertung durch die wissenschaftlichen Fachvertreter.
Ärzte kennen die Situation, dass Patienten ihrer Diagnose nicht einfach vertrauen, sondern sich mindestens im Internet informieren oder persönliche Empfehlungen hinzuziehen. In der Wissenschaft ist das nicht anders: Zu jeder These lässt sich mit wenigen Klicks eine Gegenthese recherchieren. Meinungen können mühelos im Netz veröffentlicht werden und in kurzer Zeit Unterstützer finden.
Das Vertrauen von Laien kann man nicht mehr nur durch die besseren Argumente gewinnen. Denn die meisten wissenschaftlichen Zusammenhänge sind so komplex, dass sie auch akademisch gebildete Außenstehende überfordern können. In diesen Fällen bleib uns nur, das fehlende Verstehen durch das Vertrauen in die Akteure zu ersetzen. Für Laien stellt sich daher umso mehr die Frage, ob sie die Experten als Person für integer halten. Aber anders als Entscheider in Unternehmen oder Politik sind es Wissenschaftler weniger gewohnt, im Job als Persönlichkeit wahrgenommen zu werden. Ihr klassisches Kommunikationsinstrument ist die Sachinformation.
Distanz, Arroganz, Unfehlbarkeit?
Ein Beispiel: Während ein Forscher den Anwohnern noch die Unbedenklichkeit des Baus einer neuen Versuchsanlage in ihrer Nachbarschaft faktenreich erläutert, haben jene sich womöglich anhand von ganz anderen Kriterien längst ein eigenes Bild gemacht. Werden ihre Befürchtungen ernst genommen? Macht ihr Gegenüber einen offenen Eindruck, oder könnte er etwas verheimlichen? Sachargumente werden zwar als relevant wahrgenommen, sie kommen aber nicht an, wenn zuvor kein Vertrauen hergestellt wurde. Die aus wissenschaftlicher Redlichkeit resultierende persönliche Zurückhaltung kann dann schnell als Distanz, das ausführliche Erläutern schwieriger Sachverhalte auch als Arroganz ausgelegt werden.
Umgekehrt kann eine intakte Vertrauensbasis die Bereitschaft steigern, kontroverse oder komplexe Aspekte zu akzeptieren. Medien, politische Entscheider aber auch Studierende können und dürfen kritische Fragen stellen. Hierbei zahlen sich Offenheit – immer im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten – aus. Wer mauert oder sich pauschal auf die verfassungsrechtlich gesicherte Freiheit von Forschung und Lehre beruft, muss mit weiteren kritischen Fragen rechnen.
Dies gilt auch für den Umgang mit Fehlern. Dass Wissenschaftler nicht unfehlbar sind, darf nach Plagiatsaffären, Kritik an der Mittelverwendung oder verirrten Galileo-Satelliten als bekannt vorausgesetzt werden. Meist führt daher nicht die Nachricht, dass in einem Institut Fehler geschehen, zum Vertrauensentzug; vor allem die Art, wie die Leitung damit umgeht, ist für das Meinungsbild ihrer Bezugsgruppen wichtig.
Wenn Wissenschaftler oder Wissenschaftsmanager – im Guten wie im Schlechten – in die Schlagzeilen geraten, gelten für sie ähnliche Regeln wie für Wirtschaftsentscheider, Politiker oder Filmstars. Die persönliche Wahrnehmung wirkt schneller und zählt mehr als die Zahl der Publikationen, die Höhe der Drittmittel oder die Performanz im Hörsaal.
Elisabeth Hoffmann berät und schult nebenamtlich in Fragen der Hochschul- und Wissenschaftskommunikation.
Einen weiteren Beitrag zum Thema "Erfolgsfaktoren" und Beiträge zum Schwerpunkt "Standortfaktor Universität" lesen Sie in der kommenden Ausgabe von WISSENSCHAFTSMANAGEMENT.
Bild: Marek Kruszewski