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Vom Verwalten zum Gestalten

news

Anna Mathyl

Governance & Management

Vom Verwalten zum Gestalten

Kanzler:innen zwischen spannender Herausforderung und persönlicher Überlastung. Wie sieht deren künftige Rolle aus – die der Verwaltungen eingeschlossen?

Vermutet wurde es schon langer. Offen beschrieben wurde der Trend im Herbst 2021. Im Rahmen der WIM Q-Reihe Human Ressource Future in Hochschulen und Forschung wurde die Rolle der Kanzler:innen und Verwaltungen beleuchtet. Bereits das Vorgespräch zu Beginn des gut 70 Teilnehmer:innen interessierenden Online-Formats machte deutlich: Die Kanzlerinnen und Kanzler sind der Aufgabenbeschreibung als klassische Verwaltungsleiter:innen längst entwachsen. Waren es früher klar definierte Zuständigkeiten, die man als Kopf der Verwaltung zu erfüllen hatte, so sind es heute eine Vielzahl von Bereichen, die bearbeitet werden wollen. Hinzugekommen sind auch solche, die aufgrund neuer Komplexitaten im Kosmos Hochschule dann in „letzter Instanz“ bei den Kanzler:innen landen. Vor allem an kleinen und mittleren Hochschulen – allen voran den Kunst- und Musikhochschulen – müssen die Verantwortlichen mit einer dafür nicht ausreichenden Personalstarke und unzureichenden Ressourcen erfolgreich arbeiten.

Foto: privat

Auch wenn Kanzler:innen ein spannendes Spektrum an Aufgaben haben, ihre neuen Gestaltungsmöglichkeiten genießen und mit viel Herzblut und Engagement die sich wandelnde Hochschullandschaft ganz entscheidend mitgestalten, geht diese Vielzahl an Zuständigkeiten vielen an die Substanz. Das ist das Fazit.

Nur im Team sind die Aufgaben zu bewältigen
Konsens ist: alleine ist es nicht zu schaffen. Vor allem in den letzten zehn Jahren haben sich die Aufgabenfelder nach Aussage der Kanzler:innen massiv verändert. „Die Leitung der klassischen Verwaltung ist geblieben. Die Fülle der hinzugekommenen Aufgaben ist allerdings beeindruckend“, wie Eileen Mühlbach, Kanzlerin der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden (HfMDD) mit derzeit etwas über 700 Studierenden, aufzählt. Sie erläutert im Detail: „Neben der klassischen Personalführung müssen sich Kanzler:innen unter anderem mit Fragen der Personalentwicklung und Personalentwicklungsstrategie, Strukturentwicklung, Arbeits- und Mutterschutzgesetzgebung, zum Beamtenrecht, Datenschutz und Gesundheitsmanagement und mit der Umsetzung dieser Themen in die Personalführung auseinandersetzen. Außerdem reden wir über die Neue Hochschulsteuerung und in diesem Zusammenhang über die kaufmännische und kamerale Haushaltsführung, Digitalisierung und Beschaffung, Stichwort: Enterprise-Resource-Planning und die Umsetzung von Campusmanagementsystemen, über Open Access und Online- Zugängen, dann aber auch noch über Gleichstellung, über Baubedarf, Lizenzen, Bibliotheken, Archive, Kooperationen und so weiter.“

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Wer sind die Kanzler:innen?

Die Firma rheform hat sich mit der Frage beschäftigt, wer die Kanzler:innen an deutschen Hochschulen nun eigentlich sind (siehe dazu auch https://shop.lemmens.de/produkt/wer-verwaltet-deutsche-hochschulen/). Die Untersuchungen zeigen unter anderem, dass immer noch ein deutliches Ungleichgewicht bei der Geschlechterverteilung herrscht. Im Westen ist dieses deutlich starker ist als im Osten.

 

Das Durchschnittsalter nimmt insgesamt ab, wobei die Kanzler:innen an Technischen Hochschulen deutlich alter sind. Auch die Größe der Hochschule spielt hier eine Rolle: größere Hochschulen haben eher altere, kleinere Hochschule eher jüngere Kanzler:innen. Durchschnittlich haben kleine Hochschulen im Osten die jüngsten Kanzler:innen. Auch der fachliche Hintergrund der Kanzler:innen verändert sich stark. Waren es im Jahr 2000 noch mehr als 60 Prozent Jurist:innen, die die Position als Kanzler:in innehatten, stellen diese inzwischen nur noch gut 30 Prozent. Das Spektrum an Disziplinen, aus denen die Kanzler:innen inzwischen kommen, weitet sich aus und diese Vielfalt an Qualifikationen stellt eine Bereicherung für den Hochschulbetrieb dar, wie auch Dieter Kaufmann betont.

 

Auch wenn nach wie vor statistisch gesehen die meisten Kanzler:innen altere männliche Juristen sind, die bisher ausschließlich im Hochschulbetrieb tätig waren, kommt in alle Bereiche Bewegung: Die berufliche Laufbahn der Kanzler:innen ändert sich ebenso. Professor Dr. Guido Benzler, Gesellschafter und Geschäftsführer der rheform GmbH, sagt: „Wenn auch nach wie vor die meisten Stellen mit Mitarbeiter:innen aus den eigenen Reihen besetz werden, werden inzwischen langsam aber doch auch mehr Personen aus der Privatwirtschaft als Kanzler:innen eingestellt. Allerdings haben Quereinsteiger zum Teil mit den Anforderungen der komplexen Organisation Hochschule zu kämpfen und verlassen die Hochschulen häufig wieder, weil sie mit der Vielfalt der Aufgaben nicht glücklich sind.“

 

Es zeigt sich aber auch eine höhere Mobilität innerhalb der Position. Kürzere Amtszeiten und häufigere Wechsel sind zu beobachten. Wobei sich allerdings die Frage stellt, ob sich außerhalb der Hochschulen ein Arbeitsmarkt für ehemalige Kanzler:innen bietet. Außerdem gebe es bisher keine großflächigen Initiativen für mehr Chancengleichheit im administrativen Bereich. Eine mögliche Alternative sieht Benzler hier im Kaskadenmodell. Danach ergeben sich die Ziele für den Frauenanteil einer jeden wissenschaftlichen Karrierestufe durch den Anteil der Frauen auf der direkt darunter liegenden Qualifizierungsstufe, so definiert die Universität Paderborn das Modell.

 

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Fazit

Die Fragen, mit denen die Teilnehmenden in dieses Online-Meeting gestartet sind, waren vielfältig: wie die Kolleg:innen mit der Dynamik der Veränderungen im Job umgehen, welche Unterstützung es für Kanzler:innen gibt, wie das Personal ausgebildet werden kann und sollte, wie sich die Mentalität an den unterschiedlichen Hochschulen unterscheidet, wo die Kanzler:innen im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft/ Lehre/Verwaltung/Forschung stehen, wie sich die eigenen Erfahrungen spiegeln lassen gegen die erfahrenerer Teilnehmer und so weiter. Gerade für Mitarbeitende kleinerer Hochschulen bedeutet es einen Luxus, sich Zeit für die Reflexion solcher Themen nehmen zu können; wo nicht alles delegiert werden kann, geht es nämlich häufig auch um die Frage, wie ein Burn-out vermieden werden kann.

 

Der Reiz und die Möglichkeiten des Jobs werden aber trotz aller Probleme immer wieder betont: Die Arbeit biete viel Gestaltungsspielraum, jeder, der etwas bewegen wolle, könne das tun, allerdings steigen unbestritten die Anforderungen.

 

Laut Gerlach-Newman steige zudem die allgemeine Erwartung, dass Hochschulen mehr zur Lösung der Probleme der Gesellschaft beitragen müssten. Man ist also als Kanzler:in Manager:in mit umfangreicher Verantwortung. Die Hochschulen müssen attraktiv sein für Studierende, aber auch für Beschäftigte (Stichwort Fachkräftemangel), zusätzliche Ressourcen (Drittmittel) müssen gewonnen und Unternehmensgründungen vorangetrieben werden; außerdem müsse man Projekte an Land ziehen und erfolgreiche Kooperationen eingehen.

 

Darum stellt auch Christina Reinhardt die Frage, womit man Kanzler: innen im Alltag unterstützen kann, welcher Support wird benötigt? Für sie persönlich ist das: kollegiale Beratung auf Augenhöhe, professionelles Coaching, nicht im Sinne von Fachberatung, sondern im Sinne von Begleitung bei der Selbststeuerung bei dieser anspruchsvollen Aufgabe. Außerdem brauche man dringend Netzwerke, einerseits innerhalb der Hochschule, aber auch regional, national und international.

 

Wie Kanzler Kaufmann betont sind hier auch die Vielfalt der Hintergründe und die damit verbundenen unterschiedlichen Erfahrungen der Kanzler:innen sehr wichtig. Man sehe sich unter den Kanzler:innen trotz des inzwischen wettbewerblichen Systems im Austausch als Kolleg:innen und nicht als Konkurrent:innen.

 

Reinhardt hält aber auch eine stabile private Situation für essenziell, „auch wenn man sich dies natürlich nicht immer aussuchen kann“. Sie erklärt, dass sie zwar vor allem mögliche Lösungswege vorstellen wollte, dies heiße aber nicht, dass man nicht daran arbeiten sollte, Belastungen, die bei vielen Kanzler:innen auftreten, zu verbessern.

 

Kollegiale Beratung, gute Organisation und das Abgreifen unterschiedlicher Kompetenzen und verschiedener Qualifikationen und damit verbunden das Delegieren von Aufgaben erfordern allerdings ein entsprechend schlagkräftiges Team.

 

All dies ist an kleineren (etwa Kunst- und Musik-)Hochschulen nicht oder nur sehr schwer möglich, wie Eileen Mühlbach betont. Sie fordert daher ein Bewusstsein dafür, wie Aufgaben durch ein Mehr an Autonomie, auch wenn diese selbst gewünscht ist, zunehmen, die Verwaltung aber nicht in gleichem Maße wie die Aufgaben wachse. Dies betreffen insbesondere Finanzen und Personal. Kunsthochschulen hätten ihre Change Prozesse später begonnen, größere Universitäten seien oft schon deutlich weiter im Changeprozess. An den Kunsthochschulen fehle es oft – neben knappen finanziellen und personellen Ressourcen – an Know-how zum Beispiel beim Thema Digitalisierung.

 

Allerdings bestünden an kleinen Hochschulen die gleichen Anforderungen wie an großen, was etwa bauliche Maßnahmen, die Umsetzung von Gesetzesvorgaben von Arbeitsschutz, über Gleichstellung bis Mutterschutz und so weiter betrifft. All dies ist natürlich an einer großen Hochschule mit mehr Personal leichter umsetzbar.

 

Um der veränderten Rolle der Kanzler:innen Rechnung zu tragen, muss also auch organisatorisch und nicht zuletzt hochschulpolitisch ein Umdenken stattfinden. Das Mehr an Aufgaben und Zuständigkeiten kann nicht von einer Person allein abgefangen werden, es braucht unter anderem auch größere Teams. Die Rolle der Administration und der Verwaltung sowie der Führungskräfte insgesamt muss neu gedacht werden, wie ein Teilnehmer erklärt. Die Kanzler:innen müssen in ihrer veränderten Rolle unterstützt werden und die Ausgestaltung des Jobs muss der Realität, wie sie sich heute an allen Hochschulen zeigt, angepasst werden.

 

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Anna Mathyl, Redaktion Wissenschaftsmanagement