Notwendige Einmischung
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KOMMENTAR
Notwendige Einmischung
Aber genau darum geht es ja nicht. Vielmehr darum, dass sich die Wissenschaft in den Wahlkampf einmischt. Jetzt und nicht erst ein paar Wochen vor dem Wahltermin. Und es geht auch nicht darum, dass der eine Wissenschaftler für die Partei A stimmt und der andere Wissenschaftler für die Partei B votiert. Und es geht auch nicht darum, dass sich beispielsweise die großen Wissenschaftsorganisationen im Wahlkampf auf die Seite der Partei A schlagen, weil ihnen diese als Regierungspartei die eine oder andere Finanzspritze hat zukommen lassen, oder auf die Seite von Partei B, die in der Opposition neue Hochschulgebäude und mehr Professoren verspricht. Um was geht es dann? Schlicht und einfach darum: Welchen Stellenwert nimmt die Wissenschaft insgesamt in der Politik ein? Schauen wir uns die Themen an, die wahrscheinlich den Wahlkampf bestimmen und Eingang in die Wahlprogramme und damit in die späteren Regierungs- oder Oppositionsprogramme finden. Es wird um den Euro gehen, die Bundeswehr, den Mindestlohn, das Betreuungsgeld, die Sicherheit der Krankenversicherungen und der Renten, die Höhe der Steuern und Sozialabgaben. Und die Wissenschaft? Bislang Fehlanzeige. Darum müssen sich die großen Wissenschaftsorganisationen zusammensetzten und kraft ihres politischen und gesellschaftlichen Einflusses sagen, was sie vom künftigen Bundestag erwarten, was wichtig ist, um Deutschland als Land der Denker und Ingenieure zukunftsfähig zu machen. Die Universitäten und Hochschulen müssen sich vor Ort an die Parteien und Kandidaten wenden mit ihren Forderungen. Gleiches gilt für die Schulen, die sich in einem teilweise beklagenswerten Zustand befinden. Muss es tatsächlich dabei bleiben, dass sich der Bund nicht an Bau und Einrichtung von Schulen beteiligen darf, weil dies dem Föderalismus widerspricht? Das weithin bekannte Gorbatschow-Sprichwort „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ gilt nicht zuletzt im Blick auf Wahlkampf und Wissenschaft: Die Wissenschaft muss sich rechtzeitig in den Wahlkampf einmischen, sagen, was für die Zukunft des Landes wichtig und an Investitionen notwendig ist. Diese Positionen sind dann auch bei großen Wahlveranstaltungen zu vertreten, einflussreiche Frauen und Männer der Politik sollten von der Wissenschaft eingeladen werden, damit wichtige Forderungen bekannt gemacht und untermauert werden können. Die beliebten Parlamentarischen Abende im Berliner Regierungsviertel reichen dafür nicht aus. Und all dies gilt auch auf regionaler Ebene für Schulen und Hochschulen. Wenn sich Wissenschaftsorganisationen, Schulen und Hochschulen rechtzeitig, überzeugend und nachdrücklich in den Wahlkampf einmischen, dann schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Parteien nehmen zentrale Forderungen der Wissenschaft auf und die Bürger wollen von ihren Kandidaten wissen, wie sie zu den Forderungen stehen. Wichtig ist, dass die Parteien die Wissenschaft nicht für sich vereinnahmen, sondern die Forderungen der Wissenschaft als wichtige Vorschläge für die Zukunft des Landes verstehen. Und wenn die Bürger ihren Wahlkreiskandidaten deutlich machen, dass es ihnen nicht nur um Steuern und Euro, Sozialabgaben und Renten geht, sondern zum einen auch um die Zukunft ihrer Kinder in guten Schulen und exzellenten Universitäten und zum anderen auch um die Zukunft des Landes, dann ist viel gewonnen – vor allem für Deutschland als wissenschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Standort. Und wenn sich die zentralen Forderungen der Wissenschaft am Ende gleich in mehreren Wahlprogrammen wiederfinden, umso besser. Bild: Gerd Altmann/pixelio



















