Ohne die Fakultäten geht es nicht!
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Governance & Management
Ohne die Fakultäten geht es nicht!
Die Digitalisierung von Studium und Lehre ist nicht erst Thema seit der Corona-Pandemie; letztere hat jedoch das Bewusstsein für die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Hochschulen verstärkt. Gleichzeitig wurde deutlich, wie wichtig Präsenzsettings für das Lehren und Lernen an Hochschulen sind. So war auch schon nach dem ersten Digitalsemester 2020 vielen Fakultäts- und Fachbereichsleitungen klar, dass die Verzahnung von Präsenz- und Online-Lehre ein Zukunftsmodell ist (Bosse 2021). Dies wird häufig unter der Formel „Das Beste aus beiden Welten” subsumiert. Die „Blended University” (Seyfeli et al. 2020) ist aber weit mehr: Sie zielt nicht nur auf die Integration von digitalen Lehr-/Lernformaten ab, sondern nimmt den digitalen Wandel und seine Konsequenzen in allen Leistungsbereichen von Hochschulen ernst (Budde et al. 2022). Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass diese Transformation hin zu einer Blended University von allein funktioniert, ganz im Gegenteil wird in Bezug auf die Lehre von vielen Expert:innen eine „Rolle rückwärts in die Präsenz” (Matthes 2022) befürchtet.
Entwicklungsinstrument für das mittlere Management
Hochschulen brauchen daher Strategien, wie – gerade nach der Pandemie – Studium und Lehre in Zukunft gestaltet werden sollen. Dies knüpft dabei an Entwicklungen vor der Pandemie an, die das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) seit 2017 intensiv begleitet. Dabei standen bisher meistens die Hochschulleitungen im Fokus der Betrachtung. Doch wenn man etwas an Hochschulen verändern will, kommt man am Fakultäts- und Fachbereichsmanagement nicht vorbei! Denn es ist die dezentrale Ebene, die die strategischen Ziele in die jeweilige Fachkultur übersetzen muss. Hochschulweite Digitalisierungsstrategien sind dementsprechend als Leitplanken für das Handeln in den Fakultäten und Fachbereichen zu verstehen, deren Ausgestaltung den Fachbereichen und Fakultäten (und schließlich den einzelnen Lehrenden) obliegt (Schünemann/Budde 2018). Gleichzeitig sind Fakultäts- und Fachbereichsleitungen immer mehr gefordert, eigene Strategien zu entwickeln und sich mit der Rolle der Digitalisierung in ihrem Fachbereich auseinanderzusetzen.
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Empfehlungen für den Strategieprozess
Digitalisierung als Teil der Fakultätsentwicklung denken: Es ist eine alte Binsenweisheit, dass Digitalisierung kein Selbstzweck sein soll. Im Rahmen der Diskussion, um die Erfahrungen aus den Coronasemestern wird aber häufig wieder auf das alte Muster zurückgegriffen, wenn es um die Diskussion um digitale beziehungsweise Online-Lehre geht. Fragestellungen sind hier dann eher: Wie viel Online-Lehre ist das richtige Maß? Wie organisieren wir das? Das sind valide Fragen, jedoch erscheint Digitalisierung damit als ein Thema neben vielen anderen, mit denen sich Dekanate mit ihren ohnehin knappen Zeitressourcen beschäftigen müssen. Haben andere Themen dann eine größere Priorität, kann das bedeuten, dass Digitalisierung hintenangestellt und somit die aktuelle Gelegenheit, die Erfahrungen aus den Coronasemestern wirklich zu reflektieren, vertan wird.
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Eine Kultur der Wertschätzung etablieren: Das Rollenverständnis der Dekanate ist eng verbunden mit den Steuerungsinstrumenten und Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen – oder eben nicht. Dekan:innen müssen vorrangig Überzeugungsarbeit leisten, um strategische Entscheidungen auf der hochschulweiten Ebene und eigene strategische Ziele durchzusetzen. Im Kontext der Digitalisierung von Studium und Lehre wird die Diskussion um fehlende Steuerungsinstrumente besonders in der Diskussion um das Lehrdeputat und die Anrechnung von digitaler Lehre deutlich. Fachbereichsleitungen sind hier durch Landes- und Hochschulregelungen in ihrer Handlungsfähigkeit begrenzt. So fragten sich die Dekanate in unserer Fachbereichsberatung verständlicherweise, ob es andere „Währungen” gibt, um strategisch gewünschtes Handeln der Lehrenden zu incentivieren.
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Verantwortung verteilen: Entscheidend für die Strategiefähigkeit einer Fakultät beziehungsweise eines Fachbereichs sind nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch die für den Strategieprozess einsetzbaren personellen Ressourcen. Da neben dem Dekanatsamt die eigene Lehre und Forschung weitergeht, haben Dekan:innen häufig nicht ausreichend Zeit für die vielfältigen Amtsaufgaben, wie die (Weiter-)Entwicklung von Lehrstrategien und die Organisation partizipativer Prozesse. Hinzu kommt, dass nicht alle Fakultäten und Fachbereiche über die notwendigen Strukturen und personellen Ressourcen verfügen, die das Dekanat bei der Bewältigung der Managementaufgaben unterstützen könnten – beispielsweise in Form von Dekanatsreferent:innen, die stärker operative Aufgaben im Strategieprozess übernehmen können.
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Den Fokus auf die Studiengänge richten: Die verschiedenen vorgestellten Empfehlungen beziehungsweise Perspektivenwechsel auf das Thema Strategie auf Fachbereichsebene lassen sich auf die Frage kondensieren, wo die strategischen Veränderungen eigentlich stattfinden sollen. Häufig besteht die Vorstellung, dass alle Lehrende ihre Lehre (am besten sofort) umzustellen haben. Doch was macht man mit Dozent:innen, die sich trotz aller Bemühungen verweigern? Gleichzeitig klagten in den Beratungsverfahren Studierende von einer Überlastung, weil zum Beispiel viele Lehrende auf semesterbegleitende Prüfungsformate (beispielsweise Portfolioarbeit) umgestellt hätten.
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Fazit
Die Strategiefähigkeit (von Stuckrad et al. 2018) von Fakultäten und Fachbereichen ist ein wichtiger Faktor bei der Realisierung der Blended University als Vision für die Hochschule von morgen. Bewusst spreche ich dabei von der Strategiefähigkeit der dezentralen Strukturen, denn dies umfasst nicht nur die Leitungsebene, sondern auch die Mitarbeiter:innen in Dekanaten, Studiengangsleitungen sowie alle Statusgruppen, die in die Strategieprozesse eingebunden sind. Alle diese Akteur:innen brauchen entsprechende Ressourcen und Kompetenzen, um die digitale Transformation in ihrem Fachkontext zu gestalten. Das Hochschulforum Digitalisierung möchte auch in Zukunft diese Prozesse durch seine Beratungs- und Qualifizierungsangebote begleiten.
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Dr. Jannica Budde ist Projektmanagerin im Hochschulforum Digitalisierung am CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh.
Foto: CHE/Jürgen Volkmann