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Kein Kompass für die Wissenschaft

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Manfred Ronzheimer

Kommentar

Kein Kompass für die Wissenschaft

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD bleibt die große Zukunftsrichtung offen

Zum Einstieg eine quantitativ-statistische Annäherung. Der Koalitionsvertrag, auf den sich Union und Sozialdemokraten verständigt haben, der gleichwohl von den Parteien noch schlussendlich akzeptiert werden muss, ist ein politisches Formulierungskunstwerk aus 63.436 Worten. Das Kapitel 1.2., das die zentralen Aussagen zu den Themen Bildung und Forschung enthält (weitere Forschungsaussagen sind im Text verstreut), besteht aus 4.534 Wörtern, das ist ein Anteil von 7,14 Prozent. Das Unterkapitel zu den Hochschulen hat einen Wort-Anteil von 1,96 %, das zur Forschung 2,34 %, weil der Bund hier mehr Zuständigkeiten besitzt. Der Rest des Kapitels äußert sich zu Allgemeiner Bildung.

Wenn die Zielorientierung der „Bildungsrepublik Deutschland“ gerne auf einen Ausgabenanteil von 10 % am Bruttosozialprodukt (BIP) zusammengefasst wird, hat die „neue“ Regierung in ihrer programmatischen Verbal-Investition die Messlatte mit 7,14 % klar gerissen. Zum Vergleich: Der Koalitionsvertrag von 2009 von Union und FDP hatte 48.314 Wörter. Das entscheidende Kapitel „Bildungsrepublik Deutschland: Durch gute Bildung und starke Forschung“ hatte daran einen Wort-Anteil von sogar nur 5,8 %, wobei damals bemerkenswerterweise die Aussagen zur Bildung (3,6 %) diejenigen zur Forschung (2, 2 %) überwogen. Insgesamt waren die Koalitionsabsichten im Wissenschaftsbereich vor vier Jahren ähnlich wenig präzise wie heute. Den entscheidenden Unterschied machte ein Satz aus, den die Wissenschaftscommunity im Koalitionsvertrag von 2013 schmerzlich vermisst. 2009 hieß es: „Wir erhöhen die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt 12 Milliarden Euro.“ Wohlgemerkt: Eine Festlegung unmittelbar nach der Finanzkrise, als der Staat zur Bankenrettung durchaus bei der Bildung hätte sparen können. Er tat das Gegenteil. Die Finanzfolgen-Abschätzer sehen indes für 2013 immer noch einen beachtlichen Wissenschaftsanteil im Koalitionsvertrag. Nach ihren Überschlagsrechnungen ergeben sich aus der Regierungsvereinbarung Zusatzkosten von 23 Milliarden Euro. Davon entfallen drei Milliarden auf zusätzliche Leistungen des Bundes im Bereich der Forschung sowie sechs Milliarden zur Entlastung der Länder (vor allem im Hochschulbereich). 9 von 23 Milliarden sind 39 %, also doch ein nennenswerter Anteil. Was fehlt, ist die Definition der konkreten Instrumentarien zum Ausgeben dieser Mittel.

Integrierender „Zukunftspakt“
Zur qualitativen Bewertung: Vor dem Hintergrund der Diskussionshöhe der letzten Monate über die Zukunft des Wissenschaftssystems in Deutschland, gipfelnd in der Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Schaffung eines integrierenden „Zukunftspaktes“, und auch vor dem Hintergrund der Einigung der Koalitionsverhandler in der Bildungs-AG, Wanka und Ahnen, fällt das vorgelegte Ergebnis enttäuschend aus. Alles, was zum einen mit spezifischen Finanz-Festlegungen, etwa bei der überfälligen BAföG-Anpassung, oder zum zweiten mit dem Hinreinregieren in Länderzuständigkeiten (Schule und Hochschule) zu tun hatte, wurde in der Schlussrunde der Parteispitzen aus den Entwürfen wieder gestrichen. So wurde eine klare Ansage zur Änderung des Grundgesetzes vermieden, obwohl alle Akteure sich einig sind, dass das Kooperationsverbot im Hochschulbereich fallen muss. Diese Aussage seitens der neuen Bundesregierung wäre durchaus statthaft gewesen, auch wenn die zwischen Union und SPD umstrittene Einbeziehung des Schulsektors in die Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen noch intensiv auf der Ebene der Ministerpräsidenten verhandelt werden muss. Für die anstehende Struktur-Neubildung der deutschen Wissenschaft kann der Koalitions-vertrag nicht als Kompass dienen. Bei zentralen Instrumenten der Exzellenzierung der letzten Jahre wird auf „Business as usual“ geschaltet, obwohl hier neue Wegemarken gefragt wären. Die Studierenden-Förderung ist inkonsistent, wenn einerseits die BAföG-Reform außen vor bleibt, andererseits das minimal wirksame Deutschland-Stipendium Bestandteil des Vertragswerks geworden ist. Einem forschungspolitischen Treppenwitz kommt es gleich, dass sich in einem besonderen Punkt offenbar der Geist der FDP – auch wenn sie nicht mit am Regierungstisch sitzt – in das Regierungsprogramm fortgesetzt hat. Wurde den steuererhöhungs-unwilligen Liberalen vor vier Jahren die Einführung einer „steuerlichen Forschungsförderung“ abgetrotzt – dann aber faktisch im Regierungshandeln nicht umgesetzt –, so taucht dieser Begriff im neuen Vertrag überhaupt nicht mehr auf. Was ein zentraler Hebel zur Stärkung der Innovationskraft des Mittelstandes werden sollte, hat es nicht einmal zum Prüfauftrag geschafft. Bild: Lupo/Pixelio