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Kausale Transferindikatorik

news

Matthias Fuhrland und Michael Brucksch

Transfer & Peer Consulting

Kausale Transferindikatorik

Entwicklung des Transfer_i-Modells mit Kausalketten-Tool

Forschungsbasierter Wissens- und Technologietransfer erfolgt bisher in der Regel institutionszentriert und weitestgehend planlos mit den entsprechenden Konsequenzen für Indikatorik und Transfererfolg. Die bisherige Transfer- und Innovationsindikatorik entstand komplett entkoppelt von Ressourcen, Prozessen und logischen Abhängigkeiten und kann daher weder dazu verwendet werden, die Umsetzung politischer Strategien und Zielsetzungen im Transfer- und Innovationsgeschehen zu überwachen, noch ein Innovationssystem in puncto Funktionalität, Effektivität und Outcome beziehungsweise Impact zu optimieren. Wenn der Transfer tatsächlich als Third Mission erfolgreich etabliert werden soll, muss der Zweck der Transferindikatorik auf Monitoring und Steuerung des einzelnen, klar definierten Innovationssystems ausgerichtet werden, der Transfer muss von der Invention bis zur Innovation prozessorientiert und subsystemübergreifend geplant werden und die Indikatorik muss an den Transferobjekten und der Verfügbarkeit erforderlicher Ressourcen orientiert werden.

Wissenschaftsmanagement - Entscheiden.Führen.Gestalten

Die nachfolgend beschriebene Entwicklung des Transfer_i-Modells mit Kausalketten-Tool ist ein erster systemischer und methodischer Schritt hin zu neuen wissenschaftstheoretischen Grundlagen von Transfer und Innovation. Wesentliche Bewertungskriterien für die Entwicklung des Kausalketten-Ansatzes waren die Prognosefähigkeit und operative Steuerungsmöglichkeit von Innovationsprozessen, der Objektivierungsgrad beziehungsweise die Umsetzbarkeit mit Messgrößen, die Möglichkeit zur Identifizierung von Innovations- und Transferbarrieren sowie die Missionsbewertungsfähigkeit.

Status quo der Transferindikatorik
Funktionsweise und Ausgestaltung des Transfergeschehens sind die Schlüssel zur erfolgreichen Entwicklung eines Innovationssystems. Suboptimaler oder fehlender Transfer reduziert oder verhindert Innovation. Entsprechend sind die Prozesse, Komponenten und Elemente des Transfergeschehens so zu steuern, dass Transfererfolg durch Transferleistung gewährleistet ist. Eine Steuerung erfordert aber Kennzahlen und Indikatoren, die den spezifischen Zustand und die Ausgestaltung des Transfergeschehens beschreiben. Die Bestandserfassung hierzu wirkt ernüchternd.

Treiber der bisherigen Entwicklung der Transferindikatorik: Maßgebliche Treiber des Themas Transferindikatorik in Deutschland waren bislang die Forschungspolitik des Bundes und die Hochschulpolitik der Länder, weniger die Wirtschaftspolitik oder andere Politikfelder. Damit konzentriert sich die Diskussion bisher im Wesentlichen auf die Hochschulen und institutionellen Wissenschaftseinrichtungen. Die widerstreitenden politischen Interessen von Ressorts und der Föderalismus haben die Diskussion und natürlich auch die Umsetzung bisher mindestens ebenso geprägt wie die mangelnde finanzielle und strukturelle Untersetzung des Transfergeschehens selbst. Transfer soll möglichst ohne zusätzliche Kosten als Dritte Mission der Hochschulen verankert werden, während gleichzeitig immer mehr Forschungsförderung und strukturelle Förderung statt an die Hochschulen in Richtung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen fließt. Der ausschlaggebende Punkt, dass Third Mission zwingend Strukturen und Ressourcen benötigt, die es zu finanzieren gilt, wurde bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst. Gleiches gilt bei Etablierung der Dritten Mission für die erforderlichen strukturellen Veränderungen in den Leistungssäulen Forschung und Lehre.

Die Bundesländer sind in ihrer Wirtschafts- und Hochschulpolitik jeweils sehr unterschiedlich ausgerichtet, behandeln den Transfer als notwendiges Bindeglied zwischen Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft aber unisono sehr stiefmütterlich. Mit Ausnahme der Gründungsförderung und -unterstützung wird der Transfer nur sehr oberflächlich definiert und spezifiziert. Dennoch werden die Hochschulen über Zielvereinbarungen angehalten, jährlich zu erreichende Kennzahlen für den Transfer anzugeben und zu erfassen. Im Bereich der Wirtschaft oder der Gesellschaft gibt es hingegen keine Zielvereinbarungen für die Internalisierung von Erkenntnissen oder Know-how, obwohl die Kammern und viele gesellschaftliche Institutionen ja auch vom Staat abhängen. An den Hochschulen werden Ausgründungen und Patentanmeldungen gezählt, ohne dass ein Bezug zur Transferfinanzierung oder zur Forschungsförderung ersichtlich ist. Das heißt, die bisherige Indikatorik zielt entweder auf einen direkten Vergleich von Institutionen im Zuge von Rankings ab oder auf eine Definition von Zielvorgaben, die die komplexe Ursache-Wirkungs-Logik von Transfer- und Innovationsprozessen vollkommen vernachlässigen. Auf die Leistungsfähigkeit der jeweils mit den Kennzahlen erfassten Innovationssysteme haben weder Hochschul-Rankings noch Zielvereinbarungen positiven Einfluss.

Ob die eigentlichen Transfer-Akteure bei dieser Entwicklung der Dritten Mission überhaupt mitziehen wollen beziehungsweise wie die Rahmenbedingungen verändert werden müssen, damit die strukturelle Verankerung der Dritten Mission gelingt, soll hier nicht diskutiert werden. Die Diskussionen zur Definition einer Transferindikatorik im Rahmen des Förderprogramms Innovative Hochschule haben jedoch gezeigt, dass viele Hochschulleitungen quantitativen Indikatoren oder quantisierten qualitativen Kenngrößen sehr ablehnend gegenüberstehen. Dies fußt auf begründeten Bedenken darüber, dass sich ein Nichterreichen quantitativ definierter Zielvorgaben irgendwann in Budgetkürzungen niederschlagen könnte.

Im Ergebnis wurden viele weiche qualitative Kennzahlen zum Nachweis von Transferaktivitäten etabliert, aber so gut wie keine quantitativen Kennzahlen zu Transferprozessen und Transfererfolgen. Den oben genannten Motivationen geschuldet wurden allein im Rahmen des Programms Innovative Hochschule weit über einhundert Kennzahlen und Indikatoren vorgeschlagen im Versuch, die methodische Bandbreite und Intensität der Transferaktivitäten von Hochschulen messtechnisch zu erfassen. Abgesehen vom fragwürdigen Erfassungsaufwand erfüllt der Großteil dieser Kennzahlen lediglich den Zweck eines Aktivitätsnachweises der Hochschulen (zum Beispiel Anzahl der durchgeführten Veranstaltungen, Anzahl betreuter Start-ups) ohne Bezug zu spezifischen Innovationsprozessen und den durch FuE-Impulse ausgelösten, konkret erwarteten Effekten, die üblicherweise in der Verwertungsplanung von FuE-Projekten formuliert werden. Kausale Zusammenhänge zwischen Fördermaßnahmen und Transferleistung, eine Prognose von Transfer- und Innovationsleistung eines Innovationssystems oder gar eine Steuerung des Transfergeschehens sind damit nicht abbildbar. Hier ist ein Umdenken zwingend erforderlich.

….

Zum besseren Verständnis der obenstehenden Ausführungen zur kausalen Transferindikatorik wird abschließend exemplarisch auf die drei Grundbegriffe Invention, Transfer und Innovation eingegangen.

Der begriffliche Dualismus von Invention, Transfer und Innovation: Der Begriff der Innovation wurde in den letzten beiden Jahrzehnten nahezu inflationär verwendet und gleiches geschieht derzeit mit dem Begriff Transfer. Widersprüchliche Begriffsdefinitionen und Verständnis des Inhalts waren in der Folge Ursache für Missverständnisse und Widersprüche, sowohl bei den beteiligten Akteuren und Beratern als auch im politischen Handeln. Diese Widersprüche sind in Analogie zur physikalischen Diskussion des Welle-Teilchen-Dualismus beim Licht durch einen begrifflichen Dualismus zu lösen. Während Licht sowohl Welleneigenschaften als auch Teilcheneigenschaften hat, haben die hier diskutierten Begriffe sowohl Prozess- als auch Objektcharakter. Die hier vorgeschlagene harmonisierende Sichtweise ist die eines Prozesses, der das jeweilige Objekt beinhaltet. Bei konsequenter Anwendung auf die Begriffe Invention, Transfer und Innovation ergibt sich damit ein konsistenter Definitionsrahmen.

Invention: beschreibt bislang einerseits die generierte neue Idee als Transferobjekt und andererseits den Prozess der Ideenfindung inklusive Identifizierung des Bedarfs, Problemdefinition, Generierung von Lösungsansätzen, Formulierung der Idee und Beschreibung des Nutzens. Die Verwendung ist somit nicht eindeutig. Die hier vorgeschlagene duale Sichtweise lautet: Invention ist der Prozess zur Generierung einer Idee mit Neuheitswert inklusive des dabei erzielten Ergebnisses.

Innovation: beschreibt bislang einerseits das generierte neue Innovationsobjekt und andererseits den Innovationsprozess inklusive Marktreifmachung, Pilotkundengewinnung und Markteinführung. Die Verwendung ist somit nicht eindeutig. Die hier vorgeschlagene duale Sichtweise lautet: Innovation ist der an Invention und Transfer anschließende Prozess zur Marktreifmachung und In- Markt-Bringung eines Produktes, Verfahrens, Services, Prozesses, Geschäftsmodells, Organisationsform, Rechtskonstrukts oder sozialen Verhaltens mit Neuheitswert inklusive des entsprechenden gegenständlichen Innovationsobjektes.

Transfer: ist von der Begrifflichkeit her eigentlich ein Übertragungsprozess zwischen Sender und Empfänger, beinhaltet aber auch notwendigerweise die Beschreibung des jeweiligen Transferobjekts, da der jeweilige Prozess in Art, Ausgestaltung und Aufwand maßgeblich davon abhängt. Dies wurde in der Begriffswelt bislang durch inhaltliche Zusätze wie in Technologietransfer, Wissenstransfer und Know-how-Transfer konkretisiert. Da aber zunehmend allein der Überbegriff Transfer verwendet wird, wird auch hier mit Fortführung der dualen Begriffsdefinition ein konsistenter Definitionsrahmen vorgeschlagen.

Die hier vorgeschlagene duale Sichtweise lautet: Transfer ist der von einer Invention ausgelöste und auf eine Innovation ausgerichtete Prozess zur Übertragung eines Transferobjektes inklusive des dabei übertragenen Objektes.

Mit diesen Definitionen ist auch eine begriffliche Konsistenz in der kausalen Transferindikatorik gegeben.

 

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Dr.-Ing. Matthias Fuhrland ist Forschungskoordinator an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden.

Prof. Dr. Michael Brucksch ist Managing Director, CEO, beim Deutschen Hochschul- Institut in Bergisch Gladbach.