Erst die Arbeit, dann das Vergnügen?
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Humor
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen?

Das deutsche Sprichwort „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ suggeriert, dass Arbeit und Freude separate Sphären sind, die man nicht vermischen sollte. Heiterkeit und Lachen bei der Arbeit haben oft etwas leicht Anrüchiges: wo etwas leicht, humorvoll oder gar mit offenem Lachen einhergeht, da scheint es den handelnden Personen am nötigen Ernst für die vorliegende Tätigkeiten zu mangeln. Es wird dabei unterstellt, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht ausgelastet genug sind, wenn Zeit für Heiterkeit bleibt. Aufgrund dieser Einschätzungen verbergen viele Menschen ihre humorvolle oder spielerische Seite am Arbeitsplatz, um nicht als unseriös, albern oder gar lächerlich zu gelten. Nur wer ernst ist, wird auch ernstgenommen.
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Humor macht uns weniger anfällig für Stress: Eine humorvolle Grundhaltung kann dazu beitragen, dass wir weniger anfällig für Stress sind und mit Situationen, die uns anstrengen, ärgern und belasten, besser umgehen können. Humor dient als ein Puffer, sodass Stressoren nicht als bedrohlich wahrgenommen werden und damit entsprechende körperliche Reaktionen gar nicht erst entstehen. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die beispielsweise über spezielle Trainings ihre Humorfähigkeit trainiert haben, tendenziell mehr positive Emotionen wahrnehmen und in der Folge weniger anfällig für stressbedingte Krankheiten sind. Im Gesundheitssektor sind derartige Trainings und ihre Wirkweise gut erforscht – für das Wissenschaftsmanagement steht eine solche Untersuchung noch aus, doch es erscheint plausibel, dass sich ähnliche Effekte feststellen lassen würden.
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Humor hält die Gruppe zusammen: Vielleicht: Probieren Sie es aus, denn: Humor ist ein hervorragendes Mittel, um den Zusammenhalt zwischen Menschen zu stärken und die Kommunikation zu verbessern – er ist zutiefst menschlich. Gemeinsam zu lachen schafft ein Gefühl der Vertrautheit, und es gibt Studien, die zeigen, dass in Teams, die häufig miteinander lachen, das Gefühl der psychologischen Sicherheit deutlich stärker vorhanden ist als in solchen, in denen es eher ernst zugeht. Und diese psychologische Sicherheit – das kennen wir aus dem von Google zwischen 2012 und 2014 durchgeführten Project Aristotle – macht den größten Unterschied aus zwischen guten und wirklich großartigen Teams. Spätestens an dieser Stelle muss allerdings deutlich gemacht werden, dass nicht jede Art von Humor geeignet ist, um ein Teamgefühl zu verstärken und dass auch nicht jede Anwendung von Humor im Büro positive Effekte hat: dies gelingt ausschließlich durch positiven Humor.
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Humor macht authentisch: Es gehört Mut dazu, sich humorvoll zu zeigen, da es dann notwendig wird, Rollen abzulegen und authentische Aspekte seiner Persönlichkeit zu zeigen. Oft wird im Beruf eine Rolle eingenommen, die der Persönlichkeit nicht entspricht oder nur bestimmte Anteile der Persönlichkeit zulässt, um professionell zu wirken. Seine Persönlichkeit auch bei der Arbeit zuzulassen und eine eigene Haltung einzubringen macht jedoch authentisch und zugänglich – es wird für andere einfacher, der Person zu vertrauen. Was für einzelne Personen gilt, kann man auch auf ganze Organisationen übertragen. Es ist leichter, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden, der sich authentisch präsentiert, der sich oder seine Einrichtung auch mit Distanz betrachten und vielleicht sogar über sich lachen kann.
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Fazit
Dem Humor Raum bei der Arbeit zu geben, heißt Chancen zu schaffen für mehr Menschlichkeit, mehr Kreativität, mehr Teamzugehörigkeit und mehr Stressresilienz. Natürlich kann er nicht alles heilen, was schief läuft im Wissenschaftsmanagement: aber Lachen, Freude und eine spielerische Grundhaltung sollten aus den akzeptierten Nischen – wie Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflügen – herausgeholt und zu einem integralen Bestandteil der Arbeit im Wissenschaftsmanagement gemacht werden. Humor, Spiel und Vergnügen sind nicht das Gegenteil zu Ernsthaftigkeit, Arbeit und Disziplin. Sie sind ein Wesensmerkmal unseres Menschseins und helfen uns, gesünder und kreativer, ja einfach: besser zu sein. Manche Wissenschaftseinrichtungen bieten Trainings in ihren Weiterbildungsprogrammen an, die auf diese Ressource setzen, andere versuchen Kreativtechniken oder spielerische Methoden wie Lego Serious Play bewusst einzusetzen – manchmal braucht es auch nur eine einzige mutige Person, die sich traut, die Grenzen dessen, was im Beruf als seriös gilt, ein bisschen zu verschieben.
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Britta Piel leitet das Center for International Cooperation an der Freien Universität Berlin. Außerdem ist sie Humortrainerin und Clown.
Foto: Bernd Wannenmacher