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Wissenschaftskommunikation im ländlichen Raum

news

Michael Seelig und Philipp Schrögel

Wissenschaftskommunikation

Wissenschaftskommunikation im ländlichen Raum

„Heimspiel Wissenschaft“ lädt zum Gespräch über Forschung ins Wirtshaus ein

Hochschulische Wissenschaftskommunikation findet in ländlichen Räumen bisher kaum statt. Das Verbundprojekt „Heimspiel Wissenschaft“ möchte hier Abhilfe verschaffen. Es lädt Wissenschaftler:innen, die aus nicht-urbanen Regionen stammen, dazu ein, in ihre Heimatorte zu gehen, um dort mit den Menschen über Wissenschaft ins Gespräch zu kommen – im Wirtshaus, Vereinsheim oder Gemeindehaus. Das Vorhaben arbeitet ein für Hochschulen leicht adaptierbares Format aus, das Wissenschaftskommunikation jenseits (groß-)städtischer Ballungszentren und Hochschulstandorte erleichtert, und will zur Nachahmung anregen.

Prof. Dr. Joachim Hornegger im Gasthaus „Zur Linde” in Effeltrich bei einem „Heimspiel” (Foto: Philipp Schrögel)

Der Trend zur Ausweitung und Diversifizierung von Angeboten der Wissenschaftskommunikation durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist ungebrochen (Fähnrich/ Schäfer 2020) und trifft, über alle Bildungshintergründe hinweg, auf großes öffentliches Interesse (Wissenschaft im Dialog/Kantar 2022). Längst hat sich eine breite Vielfalt an Formaten etabliert, von eher klassisch gehaltenen Vorträgen bis Science-Slam-Edutainment, von Wissenschaftsfestivals bis zu partizipativen Formaten des individuellen Dialogs. Allerdings kommt das Publikum derartiger Formate üblicherweise zu großen Teilen aus sozioökonomisch bessergestellten, vorwiegend akademisch geprägten und überdies zumeist urbanen Milieus. Zahlreiche Exklusionsfaktoren wirken als Zugangsbarrieren (Schrögel et al. 2018).

Der ländliche Raum: Ein von Wissenschaftskommunikation kaum bespieltes Terrain
Einer dieser potenziell exkludierenden Faktoren ist die geografische Verortung – ländliche Bevölkerungsgruppen werden bisher kaum von Angeboten der hochschulischen Wissenschaftskommunikation erreicht, weil die gängigen Veranstaltungsformate in der Regel auf die größeren Städte und Hochschulstandorte beschränkt bleiben (Humm/Schrögel 2020; Schrögel et al. 2018, 57–71). Zwar hat sich in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Hochschulstandorte erhöht, aber es besteht weiterhin der Fokus auf Ballungsräume (Hüning et al. 2017). Auch im Zuschnitt der Inhalte und Vermittlungswege von Wissenschaftskommunikation wird eher ein im Wortsinn naheliegendes, städtisches Publikum adressiert. Dies kann in der Anlage der Kommunikation Einfluss auf die Wahl von Themen, Perspektiven, Bildern und Metaphern oder die angenommene Lebensrealität des Publikums haben.

„Heimspiel Wissenschaft“ als innovatives Format der Wissenschaftskommunikation jenseits urbaner Ballungszentren
Die deutschen Hochschulen bekennen sich zu ihrer Verpflichtung, den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft weiterzuentwickeln (Hochschulrektorenkonferenz 2022). Sie sind gefordert, ihre fachwissenschaftlichen Kompetenzen zeit- und zielgruppengerecht in gesellschaftliche Debatten einzubringen. Das Projekt „Heimspiel Wissenschaft” will den Werkzeugkasten der hochschulischen Wissenschaftskommunikation um das niedrigschwellige Format des „Heimspiels” ergänzen, um so in Austausch mit Bevölkerungsgruppen auch außerhalb urbaner Ballungszentren und der Hochschulstandorte zu treten.

Im Mittelpunkt von „Heimspiel Wissenschaft” stehen Wissenschaftler:innen der Hochschulen, die aus ländlichen Regionen stammen. Diese gehen „für ein Heimspiel“ in ihre Heimatorte und erzählen dort, worüber, wie und warum sie forschen und was das mit unserem Leben zu tun hat. Sie kommen mit Bürger:innen ins Gespräch und schaffen Aufmerksamkeit für ihre Themen und Hochschulen. So werden Wissenschaft und Forschung im Wirtshaus, Gemeindesaal, Vereinsheim oder auf dem Dorfplatz lebendig und greifbar.

Die Kooperationspartner des Verbundprojekts
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung noch bis Ende 2024 in der Initiative Wissenschaftsjahre geförderte Projekt wird gemeinsam von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Agentur für Wissenschaftskommunikation con gressa und dem #WisskommLab des Käte Hamburger Kollegs für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien (CAPAS) an der Universität Heidelberg durchgeführt. Die HRK koordiniert das Projekt, dient den Hochschulen als Ansprechpartnerin und unterstützt den gemeinsamen Netzwerkaufbau. Die Organisation und Durchführung der vom Projektteam begleiteten „Heimspiele” liegt bei con gressa. Das #WisskommLab ist für die Erprobung kreativer Formate sowie die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation verantwortlich.

„Heimspiele” lohnen sich für alle Beteiligten
Das Projekt möchte nicht nur den gesellschaftlichen Nutzen von Wissenschaft und Forschung an einem konkreten Beispiel veranschaulichen und diskutieren, sondern auch Kenntnisse über wissenschaftliches Arbeiten und das Wissenschaftssystem an sich verbreiten – gerade dort, wo es strukturbedingt nicht so präsent wie in Hochschulstädten ist. Dabei geht es etwa auch um Folgendes: Wie funktioniert Forschung überhaupt? Welche Standards und Methoden gibt es? Wie sehen Karrierewege in der Wissenschaft aus?

Eindrücke aus den bisherigen „Heimspielen”
Wie sieht das nun konkret in der praktischen Umsetzung aus? Zum Auftakt von „Heimspiel Wissenschaft” ließ es sich der Präsident der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg selbst nicht nehmen, in seinem fränkischen Heimatdorf Effeltrich über seine Forschungen zu berichten. Der Informatiker Professor Dr. Joachim Hornegger gab in dem mit 100 Personen restlos gefüllten Festsaal des lokalen Gasthauses fundierte und kurzweilige Einblicke in den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), Bildgebung und Datenanalyse in der Medizin.

Diese Erfahrungen sind kein Einzelfall, sondern bestätigten sich bei den anderen „Heimspielen” unabhängig von Thema und unmittelbarem Alltagsbezug. Die Ernährungswissenschaftlerin Professorin Dr. Martina Heer brachte passend zum Wissenschaftsjahr 2023 „Unser Universum” unter anderem Endprodukte ihrer wissenschaftlichen Arbeit, Astronautennahrung, mit in das Kulturzentrum ihrer Heimatstadt Wissen (Sieg) im nördlichen Rheinland- Pfalz und traf auf reges Interesse.

Aufbau eines Netzwerks
Die vom Projektteam in Zusammenarbeit mit den Hochschulen umgesetzten Pionierveranstaltungen bilden den Kern und Ausgangspunkt von „Heimspiel Wissenschaft”. Für die größere Verbreitung des Formats ist das Engagement der Hochschulen unerlässlich. Sie sind herzlich eingeladen, „Heimspiele“ in Eigeninitiative durchzuführen – ob als klassische Vorträge oder gerne auch mit experimentellen Ansätzen. Dabei werden sie seitens des Projektteams durch die HRK mit Handreichungen und praktischen Tipps organisatorisch unterstützt.

Fazit
Die bisherigen Erfahrungen sowie die Rückmeldung von Vortragenden und Publikum bestätigen die Projektidee: Der aufsuchende Ansatz und die persönlichen Netzwerke beziehungsweise regionalen Bezüge der Vortragenden sind ein geeigneter Weg, Wissenschaftskommunikation im ländlichen Raum präsent zu machen. Die informellen Settings im Wirtshaus oder Vereinsheim regen zu offeneren Fragerunden und anschließenden Gesprächen an, als dies üblicherweise in klassischen Vortragssituationen in Hörsälen der Fall ist. Gleichzeitig ist das einfache Konzept, das mit vergleichsweise wenig Aufwand und Ressourcen auskommt, für Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen leicht zu übernehmen. Wir hoffen, dass die Idee künftig von weiteren Hochschulen und Forschenden aufgegriffen wird und das „Heimspiel- Wissenschaft”-Netzwerk weiterwächst.

 

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Dr. Michael Seelig ist Leiter des Projekts „Heimspiel Wissenschaft” bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Bonn.

Philipp Schrögel ist Wissenschaftlicher Koordinator und verantwortet die Wissenschaftskommunikation am Käte Hamburger Kolleg für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien an der Universität Heidelberg.