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Wissen ist Macht

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Landry Charrier

Wissenschaftspolitik

Wissen ist Macht

Einfluss- und Wissenschaftsdiplomatie in der Weltunordnung

In Frankreich soll Wissenschaftsaußenpolitik – auch Wissenschaftsdiplomatie genannt – nun in einen ganzheitlichen Sicherheitsansatz eingebettet werden. Die Initiative wirft viele Fragen auf. Am Ende wird ihr Erfolg vor allem von ihrer Anschlussmöglichkeit an die ebenfalls für 2023 angekündigte „European Science Diplomacy Agenda“ abhängen.

Foto: privat

Der Text musste neu geschrieben werden. Dabei hatte das französische Verteidigungsministerium wenige Monate zuvor eine umfassende Aktualisierung der 2017 veröffentlichten nationalen Sicherheitsstrategie vorgenommen. Doch der Krieg in der Ukraine machte den Schritt unerlässlich. In einer Fernsehansprache unmittelbar nach Beginn der russischen Invasion (3. März 2022) hatte Staatspräsident Macron gewarnt: Der Konflikt markiere einen „Epochenwechsel. (…) Er werde dauerhafte, tiefgreifende Auswirkungen“ haben. Was dies für Frankreichs Sicherheit bedeutete und wie es darauf zu reagieren gedachte, dazu gab Emmanuel Macron in den darauffolgenden Wochen erste Hinweise: in Cotonou (27. Juli), als er von einer „neuen Art der hybriden Kriegsführung“ sprach und in Paris (1. September), als er den Begriff um eine geografische Perspektive ergänzte („global“) und darauf aufmerksam machte, dass die Bedrohungen, denen Frankreich gegenübersteht, eine neuartige Verbindung von „Soft“ und „Hard Power“ erforderlich machen. Die Sicherheitsstrategie („Revue Nationale Stratégique“ = RNS), die Macron am 9. November in Toulon vorstellte, brachte diesen Reflexionsprozess zu einem ersten vorläufigen Abschluss. Sie stellte gleichzeitig die Weichen für die erste nationale Einflussstrategie in der französischen Geschichte. Seitdem ist klar: Zu Frankreichs Sicherheit gehört eine stärkere Rolle für Einflussdiplomatie.

Einflussdiplomatie neu positionieren

Lange wurde in Frankreich Einflussdiplomatie mit auswärtiger Kulturpolitik gleichgesetzt. Stellvertretend dafür ist die Analogie, auf die Charles de Gaulle immer wieder zurückgriff, um die Wirkung zu bezeichnen, die sein Minister für kulturelle Angelegenheiten, André Malraux (1959–1969), bei seinen Auslandsreisen entfaltete. De Gaulle sprach von Frankreichs „force de frappe culturelle“. Damit meinte er nicht nur Literatur und Schöne Künste, sondern auch Sprache, ein Instrument, welches Frankreich traditionell als Träger universeller humanistischer Werte betrachtet und als Mittel zur Rückeroberung verlorener Grandeur eingesetzt werden sollte.

 

Die Ernennung von Laurent Fabius zum Außenminister 2012 leitete einen Wandel ein. Mit ihm wurde Einflussdiplomatie vorrangig als Instrument zur Erschließung neuer Auslandsmärkte aufgefasst – eine Reaktion auf den Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs. Drei Jahre später folgte eine Strategie mit der Überschrift: „Eine globale Diplomatie für das 21. Jahrhundert“ („Une diplomatie globale pour le XXIe siècle“). Das Dokument erregte damals große Aufmerksamkeit, nicht zuletzt, weil es Wirtschaft und Kultur zu tragenden Säulen eines breitangelegten Ansatzes machte, den Fabius „entmultiplizierte Diplomatie“ nannte.

 …

„Es gibt keine Soft Power mehr, es gibt nur Hard Power“

Während die Ernennung von Laurent Fabius im Quai d’Orsay einen Wandel bedeutete, markierte die Wahl Emmanuel Macrons zum Staatspräsidenten eine tiefe Zäsur. Der Wissenschaftsdiplomatie, die bis dahin am Rande gestanden hatte, wurde nun ein erstrangiger Platz in Frankreichs Einflussdiplomatie und somit in der französischen Außenpolitik eingeräumt. Das Ministerium für Europa und Auswärtige Angelegenheiten (MEAE), das sich lange die Zuständigkeit für Wissenschaftsdiplomatie mit dem Ministerium für Hochschulwesen, Forschung und Innovation (MESRI) geteilt hatte, ging nun in Führung.

Die europäische Karte

Auffallend, sowohl in der „Feuille de route de l’influence“ als auch in der RNS, ist die europäische Ausrichtung von Frankreichs Herangehensweise. Da, wo das Land früher auf Alleingänge setzte, wird nun zunehmend die europäische Karte gezogen. Dies überrascht kaum angesichts der Positionen, die Staatspräsident Macron seit seiner Wahl vertreten hat.

Fazit

Andere EU-Länder haben sich in der Zwischenzeit ebenfalls für die Gestaltung und den Ausbau einer robusteren „Science Diplomacy“ ausgesprochen. Im Juli 2022 hat der DAAD ein Positionspapier zur Weiterentwicklung deutscher Außenwissenschaftspolitik herausgebracht, das sowohl im Ton als auch in der Zielsetzung viele Schnittstellen mit dem französischen Ansatz aufweist. Länder wie die Niederlande ziehen nach. Weitere werden sich in naher Zukunft sicherlich diesem Trend anschließen. Die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Ansatz sind also gut, zumindest auf dem Papier. In Zeiten massiver Unsicherheiten und Großmachtrivalität sollte Europa diese Chance nicht verstreichen lassen.

 

  • Der komplette Artikel ist im Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

 

Dr. habil. Landry Charrier ist assoziiertes Mitglied der Forschungseinheit Sirice an der Universität Sorbonne (Paris) und Associate Senior Fellow am Global Governance Institute in Brüssel.

Foto: privat