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Warum nur zarte Reformen statt einer Revolution?

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Barbara Busch

Governance & Management

Warum nur zarte Reformen statt einer Revolution?

Stärkung des dualen Prinzips an Musikhochschulen

Stellen Musikhochschulen im deutschen Hochschulwesen eine Besonderheit dar? Nein, denn aus rechtlicher Perspektive sind sie den Universitäten gleichgestellt. Ja, weil sie sich alleinig auf den Gegenstand der Musik beziehungsweise auf den Erwerb und die Vermittlung von Musizierfähigkeit fokussieren. Formelle Gleichrangigkeit versus inhaltliche Andersartigkeit – dies befördert eine Schieflage, mit der jede Musikhochschulreform konfrontiert ist: Während von außen gesehen die Politik die zunehmende Wissenschaftlichkeit der Musikhochschulen wahrnimmt und der Arbeitsmarkt auf Beschäftigungsfähigkeit pocht, kreisen im Inneren der Hochschule ihre Angehörigen mit Leidenschaft um die Musik und verteidigen die Freiheit der Kunst.

Foto: privat

 

Externe und interne Anspruchsgruppen diskutieren im Spannungsfeld von Kunstausübung, Musikvermittlung und Wissenschaftlichkeit die Leistungsfähigkeit heutiger Musikhochschulen. Und so werden Hochschulreformprozesse angestoßen, die sich zwischen den Polen „bewahren“ und „verändern“ bewegen und im Kern um das Gut der künstlerischen Individualfreiheit und das Bedürfnis nach Beschäftigungsfähigkeit kreisen. Diese Gemengelage ruft nach einem professionellen Veränderungsmanagement, das die strukturellen Besonderheiten einer Musikhochschule ebenso bedenkt wie die sich stetig modifizierende Musik(arbeits)welt. Was dies für die Reformierung von künstlerisch- pädagogischen Studienangeboten bedeuten kann, steht im Zentrum der folgenden Ausführungen.

 

Musikhochschulen sind sonderbar

Musikhochschulen verfügen über Charakteristika, die es zu kennen gilt (vergleiche Geuen 2017 und Winter 2019). In der Lehre dominiert der Einzel- und Kleingruppenunterricht. Das tägliche Üben des Instruments führt zu einem zeitlich höchst umfangreichen, eigenverantwortlichen Selbststudium. Lehrbeauftragte sind quantitativ und qualitativ maßgeblich an der Lehre beteiligt; der Lehrbetrieb bräche ohne sie zusammen. Auf den sogenannten Mittelbau wird weitestgehend verzichtet. Die immense Höhe des Lehrdeputats für künstlerische Professuren mag mit der vielerorts absurderweise zur Nebentätigkeit deklarierten Konzerttätigkeit der Lehrenden zu erklären sein. Dem Hochschulorchester, das bevorzugt repräsentative Aufgaben übernimmt, scheinen mehr Rechte als Pflichten zu obliegen, wodurch der Studienbetrieb zeitweise ins Wanken geraten kann. Ein hohes persönliches Bedürfnis nach individueller Freiheit im Verbund mit fehlenden Diskursen zu Management, Führung und Leitzielen des jeweiligen Hauses komplettieren die Eigentümlichkeiten, die viele Musikhochschulen charakterisieren dürften.

 

Während die zuletzt genannten Punkte auch an Universitäten als Herausforderungen bestehen (vergleiche Rein 2017), dürften nur Musikhochschulen als Elfenbeintürme zu bezeichnen sein, in denen zudem weitestgehend frei von ministeriellen Vorgaben unbehelligt gelehrt werden kann: Krux und Chance zugleich!?

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Vom Wandel der beruflichen Wirklichkeit

Es gibt nicht die musizierpädagogische berufliche Wirklichkeit – nicht einmal annähernd. Wer Zahnmedizin studiert, wird Zahnarzt; wer Schulmusik studiert, liebäugelt mehr oder weniger mit der Lehrer:innen-Rolle im Berufsfeld der allgemeinbildenden Schule. Ganz anders sieht es für all jene aus, die an einer Musikhochschule ein künstlerisch-pädagogisches Studium aufnehmen und somit (zumindest formal) signalisieren, Musiker:in und Pädagog:in in Personalunion werden zu wollen. Dabei gilt es zu realisieren, dass es für Musizierpädagog:innen weder automatisch berufliche Klarheit gibt noch ein verbindliches Berufsbild, das dem Studiengang zwingend zugrunde liegen könnte. Somit lautet die reformerische Dauerleitfrage: Welche künstlerischen, pädagogischen und wissenschaftlichen Fertigkeiten sind in der Studienzeit zu erwerben, um dauerhaft erfolgreich (im Sinne von begeisterungsfähig, resilient und lernbereit) musizierpädagogisch arbeiten zu können? Hinter dieser Frage verbirgt sich die anspruchsvolle Aufgabe, im Studium die Fundamente künstlerisch-pädagogischer Expertise so anzulegen, „dass sie in der späteren Berufstätigkeit und in Aufbaustudiengängen und Fortbildungen erweitert und differenziert, aber nicht mehr grundlegend revidiert werden müssen“ (Faust/Heil 2004, 121). Was das konkret bedeutet, ist immer wieder neu zu beantworten – auch um nicht der Gefahr der Überfrachtung von Studiengängen zu erliegen.

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Das duale Prinzip stärken

Inwiefern muss ein künstlerisch-pädagogisches Studium von unmittelbarem Nutzen für die Berufspraxis sein? Angesichts einer sich ebenso rasant wie massiv verändernden, durchaus unübersichtlichen musizierpädagogischen Berufswelt, die zwischen sogenannter musikalischer Breitenbildung in Gruppen und fachlich spezialisierter Individualförderung im Einzelunterricht changiert, stellt sich an Musikhochschulen diese Frage zunehmend drängend. Hinzukommt ein vielerorts wachsender Mangel an für den Berufsalltag qualifiziertem Personal. Insofern ist es naheliegend, dass Musikhochschulen, Träger öffentlicher Musikschulen und ähnlicher Einrichtungen sowie Bundes- und Landesmusikakademien das Ziel der Beschäftigungsfähigkeit gemeinsam in den Blick nehmen. Es geht um gut koordinierte Anstrengungen, um die inhaltliche und strukturelle Verzahnung des tertiären und quartären Bildungsbereichs voranzutreiben.

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Re-Design von Studienangeboten

Für die Reformierung oder Neukonzeption von Studiengängen stellt die vom Wissenschaftsrat vorgelegte Typologie dualer Studienangebote eine hilfreiche Orientierung dar, weil nicht nur zwischen Erstausbildung und Weiterbildung unterschieden wird, sondern auch die Art der Verknüpfung zwischen den Lernorten differenziert betrachtet wird. In der Folge empfiehlt der Wissenschaftsrat (2013) nur solche Studiengänge im engeren Sinn als dual zu bezeichnen, wenn sie ein wissenschaftliches Studium anbieten und die beiden Lernorte Hochschule und Arbeitsplatz curricular systematisch verknüpfen. Es wird für den Ausbau dualer Studienangebote als Teil des umfassenden Differenzierungsprozesses des tertiären Bildungsbereichs plädiert und betont, dass grundsätzlich alle Hochschultypen duale Studienangebote als prägendes Profilmerkmal wählen und damit ein attraktives Format entwickeln können (vergleiche ebenda 40).

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Veränderungsprozesse managen

Jede Studienreform läuft der beruflichen Realität mehr oder weniger hinterher. Dieser systembedingte Umstand ist ernüchternd – für Lehrende ebenso wie für Studierende und Personalverantwortliche. Geht man aber davon aus, dass Musikhochschulen nicht nur in der Verantwortung stehen, berufsfeldbezogen auszubilden, sondern auch auf das Berufsfeld in seiner künstlerischen und pädagogischen Vielfalt gestalterisch einzuwirken haben, dann kann dieses Abwägen von Realitäten und Visionen durchaus als Motivationsquelle verstanden werden. Beide Annahmen sind ein Motor, um die Theorie-Praxis-Verzahnung auf hochschuldidaktischer sowie auf studienstruktureller Ebene immer wieder neu zu bedenken und umzusetzen – sowohl an den Hochschulen in der Lehre, Forschung und Gremienarbeit als auch im Kontext von Organisations- und Personalentwicklung. Die damit einhergehenden Veränderungen sind ebenso umfassend wie langwierig. Sie verlangen, dass auch verhältnismäßig kleine Organisationseinheiten wie Musikhochschulen professionell gemanagt werden: Es geht um den Aufbau und die Begleitung eines stimmigen, belastbaren, mithin konstruktiven Zusammenspiels von Lehre und Verwaltung.

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In dieser Hinsicht sind Musikhochschulen bei aller Andersartigkeit den Universitäten gleich: Hochschulentwicklung gelingt nur, wenn die Leitung auf strategischer und operativer Ebene professionell führt, wenn alle Akteure (Leitung, Administration, Lehrende und Lernende) gemeinsam zielorientiert agieren, wenn die „basic needs“, also die Bedürfnisse des Einzelnen nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Verbundenheit, nicht grundsätzlich zur Disposition stehen. Ganz in diesem Sinne gehen seit zehn Jahren wertvolle Impulse vom Netzwerk Musikhochschulen für Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung aus (vergleiche Clausen/Geuen 2017).

 

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

 

Prof. Dr. Barbara Busch. Professorin für Musikpädagogik an der Mannheimer Musikhochschule; Mitherausgeberin der Zeitschrift üben & musizieren (Schott).

 

Foto: privat