Neue Lösungswege für Herausforderungen des Hochschulbaus
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Hochschulbau
Neue Lösungswege für Herausforderungen des Hochschulbaus
Viele Hochschulen in der Bundesrepublik stehen aktuell vor einer Vielzahl von (neuen und alten) Herausforderungen. Galt es noch vor einigen Jahren der großen Zahl von Studierenden ein qualitativ gutes Studienangebot zu machen, sehen sich heute viele Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften einer rückläufigen Anzahl Studierender gegenübergestellt. Auch die Lehre sowie die damit verbundenen Anforderungen an Räumlichkeiten und Ausstattung haben sich im Zuge der Coronapandemie an vielen Stellen verändert und zu hybriden und digitalen Lehrformaten geführt. Dabei wurde und wird immer wieder das Problem des Sanierungsstaus an Hochschulgebäuden deutlich.
Was der Rückgang des Einzelhandels für die Innenstädte bedeutet
Ebenso wie die Hochschulen stehen die Innenstädte in den nächsten Jahren vor einer Vielzahl von Herausforderungen, sei es der Rückgang des stationären Einzelhandels und dem damit häufig verbundenen Leerstand von großen Kaufhäusern bis hin zu einzelnen kleineren Ladenlokalen, die Schaffung von neuem und bezahlbarem Wohnraum oder die verkehrliche Situation in den Innenstädten, um nur einige Aspekte zu nennen (DStGB 2021). Eine der Empfehlung des Deutschen Städtetages, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, lautet: Die Multifunktionalität der Innenstädte durch eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure auszuweiten. Hierzu bietet sich ein breites Spektrum von lokalen Handwerkern bis hin zur Kreativwirtschaft an. Universitäten, Fachhochschulen oder kulturelle Einrichtungen können wichtige Akzente bei der Entwicklung resilienter Innenstädte sein. Nachfolgend soll am Beispiel der Universitätsstadt Siegen und der Universität Siegen gezeigt werden, wie sich die Stadt und die Universität gegenseitig dabei unterstützen, den Herausforderungen zu begegnen.
Wie sich die Universität Siegen und die Stadt den Aufgaben stellen
Gemeinsam haben sich die Verantwortlichen und Akteure der Stadt und der Universität vor rund zehn Jahren überlegt, wie es gelingen kann, jenen Herausforderungen zu begegnen. Doch bevor an dieser Stelle auf die Lösungsansätze näher eingegangen wird, lohnt ein kurzer Blick zurück in die Geschichte. In Siegen wurde Anfang der 1970er- Jahre wie in vier weiteren Städten in Nordrhein-Westfalen eine Gesamthochschule gegründet. Spricht man mit Verantwortlichen aus der damaligen Zeit, so stellt man schnell fest, die Bürgerinnen und Bürger haben lange Zeit mit ihrer Hochschule gefremdelt. So ist es auch kein Wunder, dass die ersten Bauten gar nicht im Stadtgebiet von Siegen, sondern auf dem Haardter Berg, damals noch in der Gemeinde Hüttental, die später im Rahmen der kommunalen Gebietsreform in die Stadt Siegen eingemeindet wurde, errichtet wurden.
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Neue Perspektiven für die Universität und die Stadt Siegen
Der Umstand, dass andere Einrichtungen des Landes NRW aus dem Unteren Schloss aus diversen Gründen ausziehen mussten, bot der Universität die Chance, nach gründlicher Sanierung in diesem historischen und innerstädtisch prominenten Gebäude, den Universitätsbetrieb mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät im Jahr 2016 aufzunehmen. Gelingen konnte dies aber nur, weil ein in unmittelbarer Nachbarschaft befindliches ehemaliges Krankenhaus weitere Flächen bot, die sich nach dem Umbau gut für die Fakultät nutzen ließen. Damit war ein erster wesentlicher Schritt erreicht und eine ganze Fakultät mit damals rund 4.000 Studierenden, rund 50 Professorinnen und Professoren sowie Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wechselten vom Haardter Berg in die Siegener Innenstadt.
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Neue Anforderungen an Räume für Forschung und Lehre – Neue Möglichkeiten des Bauens
Parallel zur städtebaulichen Entwicklung fand innerhalb der Universität eine breite Diskussion zur qualitativen Ausgestaltung der Räume für neue Formate in der Lehre statt. Als Teil des ganzheitlichen Qualitätsmanagements der Universität wurden sogenannte Q-Zirkel- Räume eingerichtet, die Anforderungen für moderne und vielfältige Lehre definierten. Als Ergebnis einer fast zweijährigen Diskussion wurde festgehalten, dass deutlich weniger Raumbedarf für große Vorlesungen besteht und stattdessen mehr für flexibel gestaltbare Lehrräume, außerdem brauchen die Studierenden deutlich mehr und flexibel nutzbare Flächen für unterschiedliche Formen des Lernens. Mit und nach Corona wurden die Anforderungen noch einmal nachjustiert und um Anforderungen für hybride Lehrformate erweitert.
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Fazit
Für ein abschließendes Fazit ist es noch zu früh, aber nachdem einige Baumaßnahmen erfolgreich realisiert wurden und andere Vorhaben in der Planung weit vorangeschritten sind, bietet sich die Gelegenheit für ein Zwischenresümee. Der Sanierungsstau an Hochschulen ist seit vielen Jahren ein immer wiederkehrendes Thema, dem in der Öffentlichkeit mal mehr mal weniger Aufmerksamkeit gewidmet wird. Hinzugekommen ist, dass sich die qualitativen Anforderungen an die Flächen deutlich verändert haben. Neben den klassischen Aufgaben in Forschung und Lehre können Hochschulen darüber hinaus auch einen Beitrag zur Transformation der urbanen Räume leisten. Dies wiederum setzt voraus, dass die politischen Entscheidungsträger der Stadt, die Stadtverwaltung und die Hochschule, eine gemeinsame Vision haben, sehr eng zusammenarbeiten und gegenseitig Rücksicht aufeinander nehmen.
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Der Diplom-Wirtschaftsjurist Ulf Richter war unter anderem als Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung tätig und ist seit dem Sommer 2013 Kanzler der Universität Siegen.
Foto: Universität Siegen