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Komplexes Koordinationsmanagement

news

Michael Reiss

Governance & Management

Komplexes Koordinationsmanagement

Neue Perspektiven einer klassischen Thematik

Das durch Meinungsvielfalt, Inkompatibilitäten, Interessengegensätze, Dilemmata, Konfliktbewältigung, Konsens, Ganzheitlichkeit und Synergiesuche geprägte Verständnis von „Koordination“ zeichnet sich durch eine hohe implizite Komplexität aus. Diese inhärente Basiskomplexität ist bei allen Koordinationsaktivitäten zu meistern. Hingegen fokussiert das komplexe Koordinationsmanagement eine Zusatzkomplexität, die als Koordinieren in einer VUKA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) charakterisiert werden kann. Der Komplexitätsschub in Gestalt von Volumen, Diversität, Ambiguität und Instabilität sorgt einerseits für komplexer werdende Koordinationsaufgaben. Er erfordert andererseits perfektionierte Koordinationsinstrumentarien. Für Koordinatoren bildet das komplexe Koordinieren nicht mehr die Ausnahme, sondern eher die Regel.

Foto: privat

 

Koordinieren gehört zur allgegenwärtigen Alltagsbewältigung. Das gilt etwa für Produktion und Konsum, Konzernmanagement, Politik, Verteidigung, Gesundheitswesen, Medien, Bildungssystem, Verbandsarbeit, Verkehrswesen, Sicherheits- und Qualitätsmanagement, Telekommunikation, Telematik, Verbraucherschutz, Kulturbetrieb, Forschung, Versorgung und Entsorgung, Profi-Sport und Smart Cities ebenso wie für Sozialarbeit, Kirchenorganisation, Familie und Nicht- Regierungsorganisationen.

Die Koordination-Komplexität-Connection

Die lange Liste der zu koordinierenden Objekte umfasst Personen, Unternehmen, Organisationen, Post-Merger- Integration, Produkte (Kompatibilität, Interoperabilität, Cross Selling), Ressourcen (Hardware und Software), Fahrzeuge, Nutzungsrechte (Slots) von Laderampen und Landebahnen, multimodale Logistik und die Knoten in Hub-Spoke-Netzwerken. Vorgesetzte, neutrale Drittparteien, Logistik-Unternehmen oder Flughafenbetreiber fungieren dabei als Koordinatoren.

 

Auf einem niedrigen Anspruchsniveau will man mit Koordination Verbindungen (Links) zwischen isolierten Objekten schaffen, etwa mittels Kommunikation und Brigding zwischen sozialen Gebilden. Anspruchsvoller ist die Schaffung von harmonischen Verbindungen (Fit, Bonding). Hier geht es beispielsweise um die Harmonisierung von Kapazitäten zur Stromerzeugung und zur Stromübertragung sowie um die Vermeidung von Ressourcenverschwendung durch unkoordinierten Aktionismus. Diese Koordinationssparte enthält auch das Konfliktmanagement. Auf der höchsten Koordinationsstufe werden synergetische Verbindungen angestrebt, etwa in Form von Mix-Effekten, 2+2=5-Resultaten und Win-win-Strategien. Hierbei geht es um Gesamtoptima und ganzheitliche Teamleistung anstelle der exzellenten Performance einzelner Spitzenkräfte.

 

Komplexitätsmanagement als zweites Glied der Koordination-Komplexität- Connection erfordert ein Umdenken: Im Gegensatz zu gängigen Ansätzen, die Komplexität ausschließlich als Last, Bedarf, Risikofaktor, Störfaktor oder Übel betrachten, unterscheidet ein ausgewogenes Konzept zwischen zwei gegensätzlichen Komponenten der Komplexität: Zum einen dem Komplexitätsbedarf (Komplexitätslast) und zum anderen dem Komplexitätshandhabungspotenzial (kurz: Komplexitätspotenzial), das für die Handhabung dieser Last genutzt werden kann. Angestrebt wird im komplexitätsfokussierten Management folglich keine reine Komplexitätsreduktion, sondern eine Kongruenz von Komplexitätslast und Komplexitätspotenzial.

 

Bei der Komplexität handelt es sich zudem um ein mehrdimensionales Konstrukt. Hier haben sich vierdimensionale Modelle wie etwa das Modell der VUCA- oder VUKA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) oder das 4V-Modell (Vielzahl, Vielfalt, Vieldeutigkeit, Veränderlichkeit) etabliert.

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Komplexe Koordinationsbedarfe

Das 4V-Modell unterstützt die Bemühungen, die konkreten Treiber des Koordinationsbedarfs zu identifizieren. Auf dem Gebiet der Additiv-Komplexität lässt sich Vielzahl mitunter bereits aus der Bezeichnung des jeweiligen Koordinationsobjekts ablesen: Crowd Sourcing (viele Beschaffungsquellen), Globalisierung (weltweit verteilte Standorte, Lieferanten und Kunden), Outsourcing und Offshoring (unternehmens- und landesgrenzenübergreifende Arbeitsteilung), Projectification (Geschäftsabwicklung als individuelles Projekt), polyzentrische Weltordnung, Allverbundenheit durch Verflechtungen sowie Vernetzung in Gestalt von Communities, Business Ecosystems und weiteren grenzenlosen Organisationsformen.

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Komplexe Koordinationspotenziale

Zahlreiche breit angelegte Trends haben einen gemeinsamen Nenner: Steigende Komplexitätsbedarfe und erweiterte Komplexitätspotenziale. Das betrifft etwa Kapazitäten der Datenverarbeitung (Big Data) und Datenübertragung (5G), erweiterte Realität (Augmented Realität), das Internet der Dinge und Dienste, das Weltrechtsprinzip, Omnichannel- Modelle oder das Supply-Chain-Management, das an die Stelle des weniger komplexen Beschaffungsmanagements tritt. Analog erlaubt das Business-Relationship-Management ein abgestimmtes Management aller Transaktionen über einen Beziehungslebenszyklus. Integriert-ganzheitliche Lösungsansätze wie Multi-Projektmanagement, Portfolio-Management oder Yield Management (ganzheitliche Nutzung vergänglicher Service-Angebote), die Preisdifferenzierung durch den Anbieter sowie Marktsimulationen (Koordination über Verrechnungspreise) fördern ebenfalls das Komplexitätspotenzial.

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Fazit

Die komplexitätsfokussierte Modellierung von Koordination bildet eine heuristische Orientierungshilfe für alle Kategorien von Koordinatoren. Komplexitätsmerkmale wie „Seitenumfang von Vertragswerken“ oder „Dauer von Marathon-Meetings“ fungieren dabei als Indikatoren für den Ressourcenverbrauch und die Koordinationskosten. Eine Kongruenz von Komplexitätsbedarf und Komplexitätspotenzial gelingt einerseits durch den Abbau des Koordinationsbedarfs: Diesem Anliegen dienen unter anderem eine dosierte Entkopplung und Entnetzung sowie die Vereinheitlichung (beispielsweise Englisch als Company Language, Harmonisierung in der EU). Virtualisierung wirkt beispielsweise insofern komplexitätssenkend, als raum-zeitliche Begrenzungen überwunden werden. Voraussetzung dafür ist andererseits ein Investment in komplexe digitale Infrastrukturpotenziale für die Telemedizin, ein Remote Measurement, Distance Learning und eine asynchrone Kommunikation. Von gleicher Relevanz ist das Investment in die Qualifizierung aller Manager für ein komplexes Koordinationsmanagement.

 

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

 

Professor Dr. Michael Reiss ist Emeritus am Lehrstuhl für Organisation der Universität Stuttgart. Er hat mehr als 500 Publikationen auf den Gebieten Netzwerkorganisation, strategiegerechte Organisationsgestaltung, Change Management, Unternehmertum, Personal- und Unternehmensführung sowie Projektorganisation verfasst.

Foto: privat