Wer in Grundlagen investiert, braucht einen langen Atem
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Aktuelle Diskussion Wissenschaftsmanagement 3/14
Wer in Grundlagen investiert, braucht einen langen Atem

Die Folge ist, dass der Effizienzgedanke immer wichtiger wird und die Forderung nach einer noch besseren Kontrolle von Kosten und Nutzen immer lauter. So war es zuletzt die Expertenkommission für Forschung und Innovation, das Beratergremium der deutschen Regierung, das mehr Wirkungsmessung in der Wissenschaft empfahl. Auch weltweit, voran in Ländern wie Großbritannien, den USA und Kanada wird die Frage nach dem Nutzen, dem Impact, immer dringlicher gestellt.
Vergleichsweise fein raus ist, wer erfolgreich angewandte Forschung betreibt. Lässt sie sich doch gut messen und macht dem Steuerzahler den Return on Investment direkt sichtbar. Wer da die Ökonomisierung der Wissenschaft beklagt, gerät schnell in den Verdacht, entweder ein Jammerlappen zu sein oder ein unverbesserlicher Romantiker. Damit kommt auch die Grundlagenforschung unter Druck, ihren Nutzen zu beweisen – unter ungleich schwierigeren Voraussetzungen. Wirkungen im Sinne von Anwendungen stellen sich hier oft erst nach langer Zeit und dann nicht selten auch noch nur indirekt ein – dafür dann aber vielleicht revolutionär.
Wer in Grundlagen investiert, braucht einen langen Atem, bevor seine Investition sichtbar Früchte trägt. Für einen Teil dieser Investition wird reiche Ernte sogar ganz ausbleiben, weil eine Entdeckung keinen „Gewinn“ abwirft, außer dem der Erkenntnis. Das ist das Wesen der Forschung, sagen die Befürworter. Nur wer offen ist und sich mit dem Risiko des Scheiterns und des sich Irrens auf den Weg begibt, wird Neues entdecken können und den langen Atem haben, um Dingen auf den tiefsten Grund zu gehen. Dabei konkrete Anwendungen und Nutzen im Hinterkopf zu haben, ist nicht schädlich, darf aber keine Voraussetzung sein.
Standortvorteil Grundlagenforschung
Die deutsche Forschungsförderung gewährt Forschern unter anderem über Organisationen wie die Humboldt-Stiftung Vertrauen, Zeit und Freiheit. Deutschland gilt heute international als eines der letzten Länder, in denen die Grundlagenforschung wirklich wertgeschätzt wird. Das ist keineswegs altmodisch, es ist ein wahrer Standortvorteil. Das bestätigen die Erfahrung und der Austausch der Stiftung mit vielen ihrer Stipendiaten und Preisträgern. So sind beispielsweise nahezu alle Alexander von Humboldt-Professoren Grundlagenforscher. Diese mit dem höchstdotieren deutschen Forschungspreis ausgezeichneten Forscher gehören zu den internationalen Stars ihrer Disziplinen und kommen langfristig nach Deutschland, nicht nur wegen des Preisgeldes. Sie erkennen hierzulande ein Paradies der Grundlagenforschung und bekommen die Forschungsfreiheit, die sie brauchen.
Auch neben glücklichen Forschern und dem Reputationsgewinn für Deutschland lässt sich die Dividende durchaus messen. Die Analysen der Humboldt-Stiftung zeigen, dass alle Humboldt-Professoren international herausragende und gut vernetzte Forscher sind. Sie kooperieren viel mit Partnern im Ausland, nicht nur in Form von gemeinsamen Publikationen, sondern auch bei der Beantragung von Drittmitteln oder der Begutachtung von Dissertationen. Auch ihre Arbeitsgruppen sind sehr international; in der Regel stammen mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder aus dem Ausland. Die Preisträger sind vor Ort sehr gut vernetzt und engagieren sich an ihrer neuen Universität. Damit schaffen sie die Voraussetzung für wirklich bahnbrechend Neues, das sich nicht planen lässt. Ob dieses Neue unsere Welt verändern wird? Wir wissen es nicht, aber es könnte sein – als Ertrag exzellenter Forschung und Freiheit fernab von Kennzahlen und Evaluation. Möge Deutschland also weiter ein Refugium der Grundlagenforschung sein. Es lohnt sich.
Einen weiteren Beitrag zum Thema "Grundlagenforschung" und Beiträge zum Schwerpunkt "Citizen Science" lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von WISSENSCHAFTSMANAGEMENT.
Bild: Alexander von Humboldt-Stiftung/Michael Jordan