Weiblich, ostdeutsch, erfahren, pragmatisch
news
Portrait
Weiblich, ostdeutsch, erfahren, pragmatisch
Ihre politische Karriere startete im Wendejahr 1989. Als Mitglied der DDR-Bürgerrechtsbewegung arbeitete sie mit an der Gründung des Neuen Forums in Merseburg in Sachsen-Anhalt und saß von 1990 bis 1994 für selbiges im dortigen Kreistag. Bevor der damalige Ministerpräsident Christian Wulff Wanka 2010 ins Regierungskabinett nach Niedersachsen holte, leitete die jetzt 61-Jährige von 2000 bis 2009 das Wissenschaftsministerium in Brandenburg. Dort erhielt sie 2008 die Auszeichnung zur „besten Wissenschaftsministerin Deutschlands“, verliehen von der Hochschulkonferenz. Sie trat erst 2001 der CDU bei, zuvor diente sie als parteilose Ministerin in der Landesregierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Derzeit fungiert Wanka außerdem als Bildungskoordinatorin der unionsgeführten Bundesländer in der Kultusministerkonferenz (KMK), deren Präsidentin sie 2005 war. Neben der langjährigen Erfahrung in Hochschul- und Wissenschaftspolitik kennt Wanka auch das Innenleben und die Mechanismen der Wissenschaft selbst: So wurde sie von der Technischen Hochschule Merseburg in Sachsen-Anhalt 1993 zur Professorin für Ingenieurmathematik berufen. Ein Jahr später übernahm sie als Rektorin die Leitung der Technischen Hochschule, an der Wanka 1980 über das Thema „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potential-theoretischen Mitteln“ promoviert hatte. Bis zu ihrem Wechsel ins Potsdamer Ministerium 2000 verblieb sie in dieser Position. Die Ernennung zur Bundesministerin kommt für die verheiratete Mutter zweier Kinder zur rechten Zeit: Nach der Wahlniederlage in Niedersachsen im Januar wäre ihr politisches Mandat in Hannover nun ausgelaufen. Mit der Ernennung ist sie die erst zweite Ostdeutsche im Kabinett. Als weiteres Argument dürfte bei der Wahl eingeflossen sein, dass Kanzlerin Merkel mit der Ernennung der Mathematikerin den Frauenanteil in der Regierung konstant hält. Inhaltlich gilt Wanka als konservative Pragmatikerin, die kontinuierliche, gewissenhafte Arbeit schätzt und politisch mit Kanzlerin Merkel und dem CDU-Kurs der Hochschul- und Elitenförderung auf einer Linie liegt. Ebenso wie auch Schavan ist ihre seit Jahren überzeugte Befürwortung der Studiengebühren in der Hochschulpolitik – auch wenn diese anno 2013 wohl mit Bayern und Niedersachsen auch in den letzten verbliebenen Bundesländern der erneuten Abschaffung entgegensehen. Der Kampf für Studiengebühren wird aber wohl keine Auswirkungen auf ihr Kabinettsmandat haben. Schließlich hat der Bund bei dem Thema keine Mitsprache. Ansonsten fiel in Wankas Zeit als Wissenschaftsministerin vor allem auf, dass sie sich stets für einen Wachstumskurs der Hochschulen einsetzte, auch was die zugewiesenen Mittel anging. Kritiker werfen ihr Farblosigkeit vor – ob dies im Wahljahr 2013 jedoch ein Manko ist, sei dahingestellt. Nachdem mit Schavan eine weitere politische Figur aufgrund von Plagiaten ihren Doktortitel verlor, steht auch der akademische Grad von Johanna Wanka von Beginn ihres Amtes an unter genauester Beobachtung. Der Betreiber des für Schavans Sturz ausschlaggebendem Plagiatsjäger-Blogs „Vroniplag“, Martin Heidingsfelder, sagte gegenüber der Montagsausgabe der Hamburger Morgenpost, er werde nun natürlich auch die Doktorarbeit der designierten neuen Ministerin untersuchen. Dies sei allerdings ungleich schwerer, da es sich um eine naturwissenschaftliche Arbeit handelt. Bild: Miguel Andrade