Newsletter

Mit unserem Newsletter immer auf dem Laufenden.

Newsletteranmeldung

Archiv

Das Archiv bietet Ihnen ältere Ausgaben aus den Jahrgängen 2003 bis 2017 der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement im PDF-Format kostenlos zum Download.

Zum Archiv

Themendiskussion

Diskutieren Sie unsere Themen oder schlagen Sie uns Themen für die nächsten Ausgaben vor.

Themen diskutieren
Themen vorschlagen

Aktuelle Ausgaben
Jahresband 2025
Jahresband 2025
Weg zur weltweiten Öffnung
Jahresband 2023/24
Jahresband 2023/24
Alle 2023-2024 erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Jahresband 2022
Alle 2022 online erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Jahresband 2021
Alle 2021 online erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Sonderausgabe 2020
Sonderausgabe 2020
special Archiv

Das Archiv bietet Ihnen die special Beilagen zur Zeitschrift Wissenschaftsmanagement aus den Jahrgängen 2004 bis 2013 im PDF-Format kostenlos zum Download.

Vom Kompromiss- zum Übergangsmodell

news

Robert Norden

Promotionsverfahren

Vom Kompromiss- zum Übergangsmodell

Kooperative Promotionsverfahren: Einschätzungen wissenschaftspolitischer Akteure im Fokus

Kooperative Promotionsverfahren zwischen Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland führen ihr Nischendasein fort – bislang als Kompromiss-Modell und weiterhin als Übergangsmodell, denn kooperative Promotionsverfahren stellen aufgrund des ihnen von relevanten wissenschaftspolitischen Akteuren zugeschriebenen divergierenden Bedeutungsspektrums ein Promotionsmodell dar, das sich nicht etabliert hat. Der Beitrag basiert auf ausgewählten Erkenntnissen aus der vom Autor inzwischen an der Technischen Universität Berlin verteidigten Dissertation mit dem Titel „Bedeutung kooperativer Promotionsverfahren zwischen Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland“.
Foto: privat

Im Laufe ihrer inzwischen über 50-jährigen Geschichte hat sich die Hochschulart Fachhochschule (FH) beziehungsweise Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) entwickelt und etabliert. Nachweislich stellte sich bereits zum Beginn der 1990er-Jahre die Frage nach der Weiterqualifizierung von Fachhochschulabsolvent:innen, sodass seither die Möglichkeit der kooperativen Promotion in den Blick genommen wurde. Angesichts ihrer andauernden geringen Anzahl ist aktuell nach der Bedeutung kooperativer Promotionsverfahren zu fragen – insbesondere aus der Perspektive wissenschaftspolitischer Akteure, da diese zum Thema Position beziehen, dies aber in der Forschung bis jetzt unberücksichtigt geblieben ist. Auch wenn kooperative Promotionsverfahren im Mittelpunkt der nachfolgenden Auseinandersetzung stehen, so ist die Diskussion um sie oftmals verknüpft mit der Debatte um ein Promotionsrecht für die FH/HAW.

Das FH/HAW-Promotionsrecht in Deutschland – Stand heute
Aktuell wird in den Bundesländern nicht nur die Frage des Promotionsrechts für die FH/HAW diskutiert, sondern die Möglichkeit der Verleihung eines solchen ist in Hochschulgesetzen bestimmter Länder unter Berücksichtigung verschiedener Voraussetzungen bereits verankert (das heißt in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen) oder inzwischen realisiert worden (das heißt in Hessen und Sachsen-Anhalt) – zudem hat das Promotionskolleg Schleswig-Holstein das Promotionsrecht, wobei seit 2021 die Erstellung der Promotionsordnungen erfolgen kann (vergleiche LRK SH 2021, 1). Im Juli 2022 empfahl der Wissenschaftsrat die Verleihung des Promotionsrechts an das Promotionskolleg für angewandte Wissenschaften Nordrhein-Westfalen (vergleiche WR 2022, 91) und im selben Monat wurde bekannt gegeben, dass der aus den baden-württembergischen staatlichen sowie kirchlichen HAW bestehende Hochschulverband das Promotionsrecht voraussichtlich im September 2022 erhalten soll (vergleiche MWK 2022, 3).

Kooperative Promotionsverfahren
Vorab soll eine kurze Begriffsbestimmung des dem Beitrag zugrunde liegenden Verständnisses kooperativer Promotionsverfahren erfolgen, denn eine allgemeingültige Definition existiert nicht. Zunächst handelt es sich hierbei um Promotionsprozesse, in denen eine promotionsberechtigte und eine nicht promotionsberechtigte Hochschule zusammenwirken, wobei die Gesamtverantwortung bei der promotionsberechtigten Hochschule liegt.

Konstitutiv für solche interinstitutionellen Promotionsverfahren, die nach jeweiliger Promotionsordnung unterschiedlich ausgestaltet sind, ist die Beteiligung von Fachhochschulprofessor:innen, da – wie sich während der Auseinandersetzung mit dem Thema zeigte – nicht nur Fachhochschulabsolvent:innen auf diese Weise promovierten.

Das eigens entwickelte Denkmodell fächert begründet kooperative Promotionsverfahren in vier miteinander verwobenen Dimensionen auf: Hochschulrechtliche Dimension, Wissenschaftspolitische Dimension, Institutionelle Dimension und Personengruppenbezogene Dimension, wobei die beiden erstgenannten Dimensionen der politischen Ebene und die zwei zuletzt genannten Dimensionen der realisierenden Ebene zugeordnet sind. Im Anschluss an die Klärung richtet sich der Blick wieder auf die eingangs aufgestellte These.

Das Bedeutungsspektrum kooperativer Promotionsverfahren
Da die Äußerungen aus dem Textmaterial der sieben geführten Expert:innen-Interviews beziehungsweise der Fälle nachweislich nicht zu Typen zusammengefasst werden konnten und demnach ein Fall jeweils einen Typus darstellt, zeigt sich im Ergebnis ein differenziertes sowie divergierendes Bedeutungsspektrum kooperativer Promotionsverfahren – aus der Perspektive relevanter wissenschaftspolitischer Akteure.

Die empirisch basierte Typologie zur den kooperativen Promotionsverfahren zugeschriebenen Bedeutung setzt sich aus den folgenden zusammen:

• Entwicklungsbefördernder Effekt im Wissenschafts-/Hochschulsystem (Typ 1),
• Vermittlung im differenzierten Hochschulsystem (Typ 2),
• Bedeutungsabsenz (Typ 3),
• Hochschulartenübergreifende Zusammenarbeit (Typ 4),
• Eine von drei Promotionssäulen (Typ 5),
• Ambivalenz zwischen verzichtbarer Übergangslösung und Erhalt der Ist-Situation (Typ 6),
• Zweifelhafte Vorstufe zum Promotionsrecht der Fachhochschulen (Typ 7).

Dieses aufgrund der Untersuchung identifizierte Spektrum zeigt, in welchem Spannungsfeld sich die kooperativen Promotionsverfahren zugeschriebene Bedeutung bewegt: Der Bogen spannt sich von ihrem entwicklungsfördernden Effekt für die Hochschulen (Typ 1), ihrer Bedeutung für die hochschulartenübergreifende Zusammenarbeit (Typ 4) und ihrer Bedeutung als eine von drei Promotionsmöglichkeiten (neben kooperativen Promotions-Kollegs und Promotionsrecht, Typ 5) hin zur Bedeutungsabsenz kooperativer Promotionsverfahren (Typ 3), die insbesondere aus der geringen Anzahl sowie bestehenden Hemmnissen abgeleitet wird. Den Typen 1, 4 und 5 wird in diesem Zusammenhang beziehungsweise aufgrund des Textmaterials eine uneingeschränkte Befürwortung kooperativer Promotionsverfahren attestiert – entgegengesetzt zum Typ 3, in dessen betreffendem Textmaterial letztlich keine Befürwortung identifiziert wurde.

Quo vadis kooperative Promotionsverfahren?
Folglich ist aufgrund der bisherigen Überlegungen nicht nur erkennbar, dass kooperative Promotionsverfahren zwischen Fachhochschulen beziehungsweise Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Universitäten seit 30 Jahren als Kompromiss-Modell zur Beteiligung von Fachhochschulprofessor:innen an universitär verantworteten Promotionsprozessen nicht etabliert sind, weil sie quantitativ ein Nischendasein führen – mutmaßlich kann sich dies hochschulspezifisch oder regional anders darstellen. Zudem zeigt die Untersuchung der Positionierungen beziehungsweise der Einschätzungen von sieben relevanten wissenschaftspolitischen Akteuren im Zeitverlauf seit 2007, dass diese Promotionsform an Zustimmung verliert.

Dies führt zu der These, dass es sich bei kooperativen Promotionsverfahren aktuell um ein Übergangsmodell handelt, denn wie an dem auf sie bezogenen divergierenden Bedeutungsspektrum beziehungsweise an der entwickelten Typologie ablesbar ist, bewegen sich kooperative Promotionsverfahren im Spannungsverhältnis zwischen Verzichtbarkeit und Erhalt. Die damit aufgeworfene Frage ist aufgrund der politischen Verantwortung insbesondere auf der Ebene des jeweiligen Bundeslandes zu klären: Ist es politischer Wille, beispielsweise mittels Hochschulverträgen oder entsprechend konkreten Regelungen in Landeshochschulgesetzen, kooperative Promotionsverfahren (gegebenenfalls in Form von Promotionskollegs) zu fördern und durch eine angemessene Finanzierungsstruktur zu unterstützen oder sollen kooperative Promotionsverfahren als Möglichkeit der Beteiligung von Fachhochschulprofessor:innen mit Blick auf Fachhochschulabsolvent:innen wie bisher fortgeführt werden, sodass kein Handlungsbedarf besteht und das Weitere den potenziell Beteiligten überlassen bleibt? Letzteres zöge die Frage nach sich, welche Alternative der Beteiligung von Fachhochschulen an Promotionsprozessen zu schaffen sein wird – hierbei wird unterstellt, dass Fachhochschulprofessor:innen an einer entsprechenden Einbindung interessiert sind beziehungsweise, dass Fachhochschulabsolvent:innen eine kooperative Promotion anstreben – eventuell entscheiden sie sich für einen anderen Weg des Promovierens, weil dies die im Zuge des Bologna-Prozesses umgesetzte Studienstrukturreform ermöglicht.

Fazit
Die Promotionsform der kooperativen Promotionsverfahren hat sich in ihrem Nischendasein vom Kompromiss-Modell zum Übergangsmodell entwickelt. Es bleiben am Ende der Auseinandersetzung zwei wichtige Fragen, die zwar aus der im Fokus stehenden wissenschaftspolitischen Akteur-Perspektive unbeantwortet bleiben müssen, sich jedoch stellen:

  1. Weshalb sollte jemand angesichts der bestehenden Durchlässigkeit in der Studienstruktur kooperativ promovieren wollen?
  2. Welche landeshochschulrechtlichen Weichenstellungen werden zukünftig hinsichtlich eines Promotionsrechts für Fachhochschulen vorgenommen und wie beeinflussen diese die Fortführung des Angebots kooperativer Promotionsverfahren?

Insgesamt ist – abgesehen von einer gegebenenfalls regional- oder institutionsspezifisch angestrebten Förderung – auch vor dem Hintergrund der seit vielen Jahren bestehenden Etablierungsmöglichkeit kooperativer Promotionsverfahren im Ergebnis sicherlich davon auszugehen, dass sich für kooperative Promotionsverfahren perspektivisch keine wesentliche Entwicklung und weniger noch eine Veränderung in positivem Sinne abzeichnen wird.

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Robert Norden, M. Sc. arbeitet seit über zehn Jahren an der Evangelischen Hochschule Berlin und ist dort als Referent des Rektorats tätig. Foto: privat