Newsletter

Mit unserem Newsletter immer auf dem Laufenden.

Newsletteranmeldung

Archiv

Das Archiv bietet Ihnen ältere Ausgaben aus den Jahrgängen 2003 bis 2017 der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement im PDF-Format kostenlos zum Download.

Zum Archiv

Themendiskussion

Diskutieren Sie unsere Themen oder schlagen Sie uns Themen für die nächsten Ausgaben vor.

Themen diskutieren
Themen vorschlagen

Aktuelle Ausgaben
Jahresband 2025
Jahresband 2025
Weg zur weltweiten Öffnung
Jahresband 2023/24
Jahresband 2023/24
Alle 2023-2024 erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Jahresband 2022
Alle 2022 online erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Jahresband 2021
Alle 2021 online erschienenen Artikel zum Nach-Lesen
Sonderausgabe 2020
Sonderausgabe 2020
special Archiv

Das Archiv bietet Ihnen die special Beilagen zur Zeitschrift Wissenschaftsmanagement aus den Jahrgängen 2004 bis 2013 im PDF-Format kostenlos zum Download.

Strategieentwicklung zwischen Emergenz und Steuerung

news

Gerhard Wolff

Interview

Strategieentwicklung zwischen Emergenz und Steuerung

Fragen an Prof. Dr. Franz Bosbach, Prorektor für Studium & Lehre an der Universität Duisburg-Essen.

Lehrstrategieentwicklung an der UDE.

Bild: Universität Duisburg-Essen

Professor Dr. Franz Bosbach ist Prorektor für Studium & Lehre an der Universität Duisburg-Essen.

Bild: Universität Duisburg-Essen

 

 

 

 

 

 

 

Wissenschaftsmanagement: Sehr geehrter Herr Bosbach, als Prorektor für Studium & Lehre der Universität Duisburg-Essen waren Sie federführend für den Lehrstrategieprozess, der zwischen 2011 und 2013 an Ihrer Hochschule stattgefunden hat verantwortlich. Welche waren die Beweggründe für die Universität und für Sie persönlich, diesen Prozess in Angriff zu nehmen?

Bosbach: Eine Universität wie die UDE, die zu den zehn größten Universitäten in Deutschland zählt, steht vor ebenso großen Herausforderungen, gerade im Bereich von Studium und Lehre. Eine immer heterogenere Studierenden-Klientel, die zunehmende Zahl nicht-traditioneller Studierender und ein Abiturwissen, das nicht erst seit G8 immer weniger den fachlichen Eingangsanforderungen eines Studiums genügt, sind nur einige Beispiele hierfür. Und der Bologna-Prozess mit all seinen Implikationen ist hat ja auf das, was sich im Bereich Studium und Lehre tut, eine überragende Bedeutung gewonnen. Wenn meine Universität sich den heutigen Herausforderungen stellen will und nachhaltige Entwicklungen in ihrem Lehrbetrieb anstoßen will, dann kann sie dies nur dann erfolgreich tun, wenn sie sich über die eigene strategische Ausrichtung im Klaren ist und in diesem Prozess möglichst viele Beteiligte mitnimmt. Mit der Verabschiedung der Lehrstrategie ist uns ein wichtiger Profilbildungsschritt gelungen, der nach langer und intensiver Diskussion von einer breiten Mehrheit in der Universität getragen wird.

Letztlich geht es in einer solchen Strategieentwicklung auch immer darum, der Lehre den exponierten Stellenwert in einer Universität zu geben, den sie verdient. Diesem Anliegen fühle ich mich verpflichtet.

Das gesamte Projekt war von viel Kommunikation und Partizipation geprägt; die Leitungsgremien der UDE, Rektorat, Hochschulrat, Senat, die Fakultäten und auch die Studierenden konnten sich an dem Prozess beteiligen. Wieso ist eine solche Einbeziehung aller Akteure der Hochschule nötig? Welche Schwierigkeiten gab es?

→ Tatsächlich wirkungsvoll kann eine Lehrstrategie meines Erachtens nur dann sein, wenn sie von einer breiten Mehrheit der Hochschulmitglieder getragen wird. Immerhin handelt es sich bei Studium und Lehre um Kernfelder universitären Handelns, die eine Vielzahl von inneruniversitären Anspruchsgruppen verantwortlich mitgestaltet. Daher haben wir von Beginn an großen Wert darauf gelegt, dass die UDE-Lehrstrategie eine Strategie aus der Universität für die Universität ist. Wenn man ein solches Papier aus dem inneruniversitären Diskurs erwachsen lassen möchte, muss man sich selbstredend darüber im Klaren sein, dass man einen sehr zeitintensiven Prozess anstößt. Aus Sicht der UDE kann ich jedoch sagen, dass sich diese Vorgehensweise voll und ganz ausgezahlt hat.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Lehrstrategie der UDE?

→ Zunächst hat sich die Universität im Bereich der Lehre ihres Selbstverständnisses vergewissert: Die UDE hat den Anspruch, eine wissenschafts- und forschungsbasierte Lehre auf hohem Niveau anzubieten mit dem vorrangigen Ziel, ihren Studierenden eine qualifizierte akademische Ausbildung zu bieten. Zu den Profillinien der UDE gehört außerdem das Leitbild der Bildungsgerechtigkeit: Nach unseren Erhebungen sind mehr als 50 % unserer Studierenden Bildungsaufsteigerinnen bzw. Bildungsaufsteiger, ca. 25 % haben einen Migrationshintergrund. Zudem geht eine Vielzahl unserer Studierenden neben dem Studium weiteren Verpflichtungen nach: Sie arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren oder pflegen Kinder oder Angehörige. Derartige Lebenswirklichkeiten muss eine Universität zur Kenntnis nehmen und spezifische Angebote vorhalten.

Zudem bekennt sich die UDE in ihrer Lehrstrategie zu einer steten Verbesserung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in Studium und Lehre. Damit dies keine Worthülsen bleiben, haben wir die Qualitätsmaßstäbe, an denen wir unser Handeln ausrichten wollen, gleich in die Strategie mit hineingeschrieben, darunter z.B. die Basierung der Lehre auf Wissenschaft und Forschung, die qualitativ hochwertige Betreuung unserer Studierenden und eine konsequente Kompetenzorientierung.

Letztlich war und ist es für mich persönlich enorm wichtig, dass wir mit unserer Strategie einen Prozess angestoßen haben, der sich in konkreten Handlungsfeldern niederschlägt und damit in seinen Wirkungen steuer- und nachvollziehbar wird. Konkret heißt das: Die Lehrstrategie umfasst elf strategische Handlungsfelder, denen sich die UDE in Zukunft verstärkt widmen will. Unmittelbar nach Beschluss der Strategie haben wir diese strategischen Vorgaben operationalisiert und in konkrete Projekte umgesetzt. Sehr zugute kommt der UDE hierbei, dass sie auf vielfältigen Erfahrungen und auch konkreten Projekten aufsetzen kann. Um hier nur zwei Beispiele zu nennen: Im Handlungsfeld „Studieneingangsphase gestalten“ sind wir bereits durch unser Großprojekt „Bildungsgerechtigkeit im Fokus“, welches im Rahmen des Qualitätspakts Lehre gefördert wird, sehr aktiv. Hier bieten wir beispielsweise spezifische Vorkurse für potenzielle MINT-Studierende an und erproben Assessment-Verfahren. Ein weiteres Beispiel ist das Handlungsfeld „Ausbau der virtuellen und materiellen Orte des Lernens“: Die UDE hat in den vergangenen Jahren einen dramatischen Aufwuchs ihrer Studierendenzahlen verzeichnet, sodass die Raumproblematik heute in vielen Kontexten unseres Alltagsgeschäftes mitschwingt. Bei den „materiellen Orten“ des Lernens erwarten wir bald eine leichte Entspannung, da sich sowohl am Campus Duisburg als auch am Campus Essen ein neues Hörsaalgebäude im Bau befindet. Es bleiben aber Herausforderungen zu bestehen, die aus den enormen Gruppengrößen in den Lehrveranstaltungen resultieren. Nicht zuletzt um die Qualität der Lehre in diesem Kontext zu steigern, wollen wir uns auch verstärkt den „virtuellen Orten“ widmen. Dafür wird derzeit an einer eigenen E-Learning-Strategie gearbeitet, die sich somit quasi aus unserer allgemeinen Lehrstrategie ableiten lässt.

Gibt es Punkte im Endergebnis, mit denen Sie nicht so gut leben können?

→ Aus meiner Sicht haben wir gemeinsam mit allen Beteiligten ein vorzeigbares und richtungsweisendes Papier entwickelt. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden.

Wie werden Sie sicherstellen, dass es bei der Lehrstrategie nicht nur bei einem Papier bleibt und die Qualitätsziele auch in der Praxis umgesetzt werden?

→ Letztlich rekurriert die Lehrstrategie v.a. darauf, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und ihre Rolle wahrnehmen müssen: Die Fakultäten und Fächer als originär für die Lehre verantwortliche Einheiten sichern Qualität und Vollständigkeit des Lehrangebots und konkretisieren schließlich die Strategielinien in ihrem alltäglichen Handeln; das Rektorat erhält und schafft die nötigen Rahmenbedingungen zur Erbringung hochwertiger Lehre und guter Studienbedingungen.

Zur Feinabstimmung der beteiligten Partner steht vor allem das Instrument der Ziel-Leistungsvereinbarungen zu Verfügung, die seit Gründung der Universität vor 11 Jahren zwischen dem Rektorat und den einzelnen Fakultäten getroffen werden. Darüber hinaus lassen sich die Ziele leicht in die Qualitätskulturen der einzelnen Fakultäten implementieren, die im Rahmen der Systemakkreditierung noch einmal geschärft und institutionell durch Qualitätskreisläufe gefestigt wurden.