Strategiecontrolling – schnell und einfach implementiert
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Hochschulentwicklung
Strategiecontrolling – schnell und einfach implementiert

In den Hochschulgesetzen der Bundesländer findet man typischerweise Regelungen zu der mittel- bis langfristig angelegten Struktur- und Entwicklungsplanung der Hochschulen. Diese Regelungen spiegeln die gemeinsame Verantwortung von Hochschulen und Ländern für die Weiterentwicklung der Hochschulen.
Die Hochschulen befinden sich seit vielen Jahren im häufig auch internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe in Forschung und Lehre, aber auch um die besten Studentinnen und Studenten und müssen dafür die Rahmenbedingungen und Angebote stetig hinterfragen und anpassen.
Sie wollen und müssen auch gesellschaftliche, naturwissenschaftliche und technische Entwicklungen aufgreifen und diese in ihrer Struktur abbilden, um ihre Relevanz zu behalten.
Die Länder stehen in der Finanzierungsverantwortung für die Hochschulen und die Qualität von Forschung und Lehre der Hochschulen ist ihnen ein politisches Anliegen. Trotz der Freiheit von Forschung und Lehre, für die Hochschulen und Länder gemeinsam Verantwortung tragen, sind die Hochschulen daher gehalten, ihre Struktur- und Entwicklungsplanung mit den Ländern abzustimmen und die Vorstellungen der Länder in ihren Planungen zu berücksichtigen.
Mithin: Die individuelle Freiheit von Forschung und Lehre, die die Wissenschaftler: innen für sich in Anspruch nehmen, die Autonomie der Hochschulkörperschaft in ihren eigenen Angelegenheiten und die Compliance der Hochschule mit den staatlichen Vorgaben gehören zu den Rahmenbedingungen des Systems Hochschule.
Strategiecontrolling als gemeinsame Aufgabe von Hochschule und Land
Sowohl für das Leitungsorgan einer Hochschule als auch für die Hochschulverwaltung eines Landes ist es wichtig, dass die in einem Struktur- und Entwicklungsplan festgelegten Ziele nachvollziehbar erreicht werden. Die Hochschulverwaltung steht dem Parlament gegenüber in der Verantwortung, das Leitungsorgan der Hochschule steht Kraft Hochschulgesetz in der Verantwortung.
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Datengrundlage des strategischen Controllings
Damit steht die Frage im Raum, woher die Informationen für das strategische Controlling kommen können. Der erste Eindruck ist meist, dass für ein Strategiecontrolling neue Instrumente und Verfahren implementiert werden müssen; das operativ angelegte Rechnungswesen, mit dessen Daten und Funktionalitäten die typischen kurzfristigen Controllinginformationen viertel- und halbjährig sowie im Jahresabschluss jährlich ermittelt werden, scheint zunächst einmal nicht ausreichend zu sein. Diesem Eindruck zu folgen, ist mit Nachteilen verbunden. Die Implementierung eines neuen Verfahrens und die Erhebung der darin zu verarbeitenden Daten führt in jedem Fall zu zusätzlichem Aufwand. Meist müssen für neue Verfahren Struktur und Stammdaten erfasst und verarbeitet werden, die auch schon für andere Verfahren erhoben wurden und die Doppelung dieser Daten beeinträchtigt unvermeidlich die Konsistenz des Gesamtdatenbestandes der Hochschule. Nicht nur unter den Aspekten von Datenschutz und Datensicherheit sollte immer auch Datensparsamkeit als hohes Gut angesehen werden.
Ein Praxisbeispiel für die Quantifizierung des strategischen Controllings
Die folgenden Ausführungen sind vor dem Hintergrund eines praktischen Beispiels zu lesen, an welchem man die Prinzipien des Vorgehens zeigen kann, das aber in seinen Einzelheiten an dieser Stelle ohne Bedeutung ist.
Vereinbarung gemeinsamer Ziele: Land und Hochschule kamen in einem intensiven Diskussionsprozess gemeinsam zu der Auffassung, dass angesichts des hohen Aufwandes für die Forschung auf Exzellenzniveau und der zur Verfügung stehenden begrenzten Ressourcen eine Fokussierung im Bereich der Forschung notwendig sei. Die Hochschule werde leistungsfähiger, international und national sichtbarer, wettbewerbsfähiger und in der Drittmittelakquise erfolgreicher, wenn sie in der Forschung mehr in die Tiefe gehe, Forschungscluster bilde und mit dieser Priorisierung auf etwas Breite im Gesamtangebot verzichte – so die gemeinsame Auffassung von Hochschule und Land. Die Vereinbarung der Forschungscluster war ein zentraler Punkt in den Gesprächen zwischen Hochschule und Land. Freie und neue Professuren sollten durch die Hochschule so ausgeschrieben und besetzt werden, dass einige definierte Forschungscluster in ihrer Forschungsbreite und -tiefe gestärkt würden. Zur Unterstützung dieser Fokussierung war das Land bereit, den Erfolg mit substanziellen zusätzlichen Mitteln im Bereich der Grundfinanzierung zu honorieren.
Voraussetzungen für die quantitative Messung der Zielerreichung: Die zentrale Frage: Wie misst man den Erfolg eines solchen Prozesses quantitativ? Die triviale Antwort auf diese Frage lautet: durch Zählen. Man zähle in Zeitabschnitten, die durch die Dauer der Berufungs- und Besetzungsverfahren der Hochschule vorgegeben sind, die Zahl der Professuren in den definierten Forschungsclustern und habe das Ergebnis. Wenn die Luftfahrt ein Forschungscluster ist und die Hochschule in einem mittelfristigen Zeitraum von fünf Jahren dem Forschungscluster Luftfahrt drei neue Professuren zuordnen kann, dann hat sie sich in die richtige Richtung entwickelt. Zweifellos richtig, aber nicht hinreichend. Denn bei dieser einfachen Methode bleiben mehrere andere Faktoren außer Betracht.
Die Besetzung einer Professur in der Ausprägung einer Erstberufung auf eine W3-Stelle lässt andere wissenschaftliche Ergebnisse erwarten als die Besetzung der Professur mit einer international erfahrenen Persönlichkeit, die Drittmittel und Mitarbeiter:innen mitbringt und die Berufungsvereinbarung mit der Hochschule nur bei einer adäquaten, in der Regel überdurchschnittlichen Ausstattung der Professur unterschreibt.
Zudem bleiben durch schlichtes Zählen der neu gewidmeten und besetzten Professuren Ressourcenverschiebungen innerhalb der jeweiligen Departments intransparent, die nicht mit der Hochschulleitung besprochen, sondern im Rahmen der dezentralen Verantwortung der Departments beschlossen und umgesetzt werden. Man mag einwenden, dass diese „Interna“ das Land als Partner des Struktur- und Entwicklungsplanes und des zugehörigen (und vereinbarten) Controlling nichts angehe. Gleich welcher Ansicht man ist, jedenfalls sind derartige interne Entwicklungen für die Hochschulleitung „Pflichtkenntnis“.
Zählen also reicht nicht. Die Rahmenbedingungen der Praxis machen es notwendig, für die Messung des Zielerreichungsgrades strategischer Entscheidungen und Maßnahmen auf komplexere Zahlen zurückzugreifen; Zahlen, die das Geschehen an der Hochschule und in ihren Teilgliederungen differenzierter beschreiben können als die Anzahl der Professuren.
Dem Betriebswirt fallen bei dieser Vorgabe gleich die Kosten ein. Etwas weniger lapidar ausgedrückt lautet die zu überprüfende Hypothese: Das Rechnungswesen könnte geeignet sein und es gilt noch einmal darauf zu schauen und zwar auf den speziellen Aspekt, ob in diesem schon vorhandenen und erprobten Verfahren weitere für das Strategiecontrolling geeignete Informationen erfasst und verarbeitet werden können.
Dahinter steht die Vermutung, dass auf diesem Weg den Erkenntnisobjekten der Struktur- und Entwicklungsplanung ihre Kosten und deren Veränderung im Zeitablauf zugeordnet werden können. Eine gute Voraussetzung für den anstehenden Prozess bestand darin, dass jede der an der Hochschule forschenden Einheiten – Professuren mit personeller, sachlicher und investiver Ausstattung –, in einer individuellen Kostenstelle des Rechnungswesens abgebildet war.
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Fazit
Es wurde gezeigt, dass mit einer kleinen Ergänzung des bestehenden Rechnungswesens einer Hochschule auch qualitative Fortschritte bei der Entwicklung der Hochschule mess- und sichtbar gemacht werden können. Der Aufwand für diese Ergänzung des Rechnungswesens ist denkbar gering.
Zahlen bilden die gesamte Komplexität eines Sachverhaltes niemals vollständig ab. Das sei eingestanden. Aber Zahlen können die Diskussion über komplexe Sachverhalte indikativ unterstützen und bilden somit eine wichtige Grundlage für den konstruktiven Diskurs zwischen Vertragspartnern.
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Klaus Joachim Scheunert lenkte und gestaltete als dritter Kanzler über drei Amtsperioden hinweg die administrativen Prozesse an der Technischen Universität Hamburg (TUHH).
Foto: TUHH