"Nervenzellen auf der Überholspur", "Live und in Farbe: Zellen bilden Gewebe" und "Körpereigener Wachstumsfaktor legt Gedächtnisspuren an"
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Neues aus der Forschung
"Nervenzellen auf der Überholspur", "Live und in Farbe: Zellen bilden Gewebe" und "Körpereigener Wachstumsfaktor legt Gedächtnisspuren an"

Nervenzellen auf der Überholspur
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Forscher der Uni Bonn entdecken, dass bestimmte Nervenzellen Glutamat als Datenautobahn nutzen. Dopamin produzierende Neurone beeinflussen zahlreiche wichtige Gehirnfunktionen, und bei Erkrankungen wie Parkinson und Schizophrenie ist die Dopamin-Signalübertragung im Gehirn beeinträchtigt. Forscher der Universität Bonn und des Uniklinikums Bonn haben nun an Mäusen beobachtet, wie sich eine spezielle Form dieser wichtigen Zellen bildet und welche Netzwerke sie im Lauf der Gehirnentwicklung ausbildet. Dabei entdeckten die Wissenschaftler eine Art Datenautobahn: Diese Nervenzellen nutzen nicht nur Dopamin zur Signalübertragung, sondern auch das deutlich schnellere Glutamat. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.
Dopamin produzierende Neurone nehmen eine Schlüsselrolle in der Signalübertragung ein: Während der Gehirnentwicklung reifen sie zu mehreren spezialisierten Subtypen heran, die als eine Art Netzwerker zu zahlreichen anderen wichtigen Gehirnregionen Verknüpfungen herstellen. Ihr Name rührt daher, weil sie Dopamin als Botenstoff nutzen. Dieser Neurotransmitter ist sehr wichtig: Er beeinflusst Bewegungssteuerung, Belohnungsvehalten und andere Funktionen des Gehirns, wie zum Beispiel Motivation und Impulsivität. Bei Erkrankungen wie Parkinson und Schizophrenie kommt es zum Absterben der Dopamin-Neurone beziehungsweise zu Störungen in der Dopamin-Signalübertragung.
Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun in einer Kooperation mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), dem Life & Brain Zentrum Bonn sowie der Universität Bochum im Tiermodell eine Art Datenautobahn entdeckt. „Während die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen mittels Dopamin vergleichsweise langsam ist, haben die von uns untersuchten Dopamin produzierende Neurone zusätzlich Glutamat als Botenstoff benutzt“, berichtet Milan Pabst vom Labor für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung des Universitätsklinikums Bonn. „Außerdem konnten wir erstmals Einblicke in die Entwicklungsgeschichte dieser Nervenzell-Subtypen gewinnen“, sagt Privatdozentin Dr. Sandra Blaess vom Institut für Rekonstruktive Neurobiologie des Life & Brain Zentrums der Universität Bonn.
http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/094-2015
Live und in Farbe: Zellen bilden Gewebe
Philipps-Universität Marburg
Marburger Pharmakologen ermittelten, wie das Zellskelett an der Bildung von Epithelien beteiligt ist. Wie haften die Zellen eines Gewebes aneinander? Der Antwort auf diese Frage ist ein Pharmakologenteam von der Philipps-Universität Marburg jetzt nähergekommen: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Dr. Robert Grosse fanden heraus, dass das Molekül Formin-like 2 (FMNL2) gebraucht wird, um Zellen miteinander zu verbinden. Die Arbeitsgruppe berichtet über ihre Ergebnisse in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Journal of Cell Biology“.
„Unversehrte Deckgewebe – sogenannte Epithelien – sind lebenswichtig“, betont Studienleiter Grosse; sie kleiden zum Beispiel die Blutgefäße aus. Die korrekte Bildung dieser Gewebe ist auch medizinisch von Belang, hebt der Pharmakologe hervor: „So entstehen Krebserkrankungen oftmals aus geschädigten Epithelien.“
Damit flächige Deckgewebe entstehen, bilden sich zwischen den einzelnen Zellen Haftkomplexe (adherens junctions, AJ), die mehrere Proteine umfassen. „Im intakten Gewebe sind diese Zell-Zell-Kontakte mit dem Zellskelett verbunden, das aus Aktin besteht“, erklärt Grosse; „aber wo dieses Aktin herkommt und wie es reguliert ist, war bisher nicht vollständig geklärt.“
Um die offenen Fragen zu beantworten, experimentierten die Autoren mit Zellen unter natürlichen Wachstumsbedingungen und beobachteten die beteiligten Moleküle in Echtzeit. Das Team verwendete für seine Studien ein Substrat, das die dreidimensionale Ausbreitung des Gewebes erlaubt.
Grosse und seine Mitarbeiter identifizierten einen Faktor, der an den Kontaktstellen zwischen Epithelzellen des menschlichen Körpers dafür sorgt, dass Gerüste aus Aktin entstehen: Formin-like 2 (FMNL2). Wie die Autoren ermittelten, reichert sich FMNL2 an den Kontaktstellen an, durch die sich Zellen zu einem Epithel verbinden. Welche Funktion hat FMNL2 für die Bildung des Aktingerüstes? Dies untersuchte das Team, indem es das FMNL2-Gen ausschaltete – das Ergebnis: Die Aktin-Ketten, aus denen das Gerüst an den Anheftungsstellen entsteht, sind unterbrochen. Schließt das gebildete Epithel einen Hohlraum ein, so ist dieser missgebildet. Ein künstliches FMNL2-Protein kann die Funktion des fehlenden natürlichen Moleküls ersetzen.
http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2015b/0511a
Körpereigener Wachstumsfaktor legt Gedächtnisspuren an
Otto von Guericke Universität Magdeburg
Untersuchungen der Magdeburger Wissenschaftler um Dr. Elke Edelmann und Prof. Dr. Volkmar Leßmann vom Institut für Physiologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) zeigen, wie rhythmische elektrische Entladungen in Nervenzellen zur Ausschüttung des körpereigenen Proteins BDNF führen und damit eine Gedächtnisspur aufbauen. Diese Erkenntnisse könnten für die Entwicklung besserer Therapien gegen die Alzheimererkrankung und anderer Formen von Demenzen wegweisend sein.
Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler nun in der neuesten Ausgabe der weltweit führenden Zeitschrift für neurowissenschaftliche Entdeckungen NEURON veröffentlicht.
Rhythmische elektrische Entladungen in den Nervenzellen des menschlichen Gehirns entscheiden darüber, welche Informationen an den Schaltstellen der Neurone – den Synapsen – abgelegt werden und somit das Gedächtnis aufbauen. Neurowissenschaftler wissen seit Jahrzehnten, dass der so genannte Theta-Rhythmus im Gehirn hier eine besonders wichtige Rolle spielt. Welche zellulären und biochemischen Reaktionen es aber ermöglichen, dass dieser Rhythmus elektrischer Signale in einer Nervenzelle in eine Gedächtnisspur umgeschrieben wird, ist in großen Teilen noch nicht verstanden. Dr. Elke Edelmann und Kollegen zeigen nun, dass der Wachstumsfaktor BDNF hier eine wichtige Rolle spielt.
http://www.med.uni-magdeburg.de/News/K%C3%B6rpereigener+Wachstumsfaktor....
Bild: Günther Gumhold/pixelio www.pixelio.de