Falsche Entwicklung
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Kommentar
Falsche Entwicklung
Zwar versprechen die Länder, die die Studiengebühren wieder abgeschafft haben wie etwa Nordrhein-Westfalen, einen finanziellen Ausgleich durch den Landeshaushalt. Doch die Länder selbst leiden unter großer Finanznot und haben das Jahr 2020 im Blick, ab dem ihnen vom Grundgesetz her die Aufnahme von Schulden untersagt ist. Die Leidtragenden werden die Studierenden sein, die in früher nicht für möglich gehaltenen Zahlen in die Universitäten und Hochschulen drängen. Mit den Studiengebühren zwischen 300 und 500 Euro pro Semester (nicht pro Monat) sollten Lehre und Ausstattung der akademischen Lehrstätten verbessert werden, nicht zuletzt durch die Einstellung von zusätzlichen Tutoren und Dozenten. Alles Maßnahmen, die von den Studenten schnell als besonders hilfreich empfunden worden sind. Sieht man von den ursprünglichen Protesten gegen die Studiengebühren einmal ab, so haben sich die Studierenden schnell mit ihnen arrangiert. Zum einen, weil es für notleidende Studierende Erleichterungen bis hin zu den günstigen und erst nach dem Studium rückzahlbaren Darlehen der staatlichen KfW-Bank gab. Zum anderen, weil viele Studierende schnell die mit diesen Gebühren bezahlten Verbesserungen positiv zu spüren bekamen. Ein nicht ungewollter Nebeneffekt war sicherlich auch, dass Langzeitstudenten vermehrt die Universität verließen, die sie nur für günstige Krankenversicherungen und Steuererleichterungen bei Minijobs eingeschrieben hatten. Viele Studenten bedauerten – etwa in NRW – die Abschaffung der Studiengebühren durch den Regierungswechsel. Sie spüren sehr schnell die nun eintretende Verschlechterung ihrer Studiensituation. Und manche junge Wissenschaftler, die Aussicht auf einen Assistentenjob hatten, müssen sich umorientieren. Doch alles Klagen über die falsche Entwicklung hilft nicht weiter. Auch nicht über den Mut von Politikern, unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen, die sich schnell als notwendig und förderlich erweisen. Offensichtlich muss in Deutschland das Studium noch billiger sein als der Einkauf beim Discounter, bei dem man sich gleichzeitig über den leicht steigenden Preis der Butter und die Ausnutzung der Bauern aufregt. Das Studium muss kostenlos sein, obwohl es den Steuerzahler bereits zwischen 100 000 und 200 000 Euro pro Studium und Fach kostet. Aber darüber denkt man nicht nach, weil es aus dem allgemeinen Steuertopf bezahlt wird. Da die Studiengebühren durch eine falsche Entwicklung in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen sind, scheinen sie jetzt politisch tabu. Für die nächsten Jahre wenigstens. Allerdings sollten die Länder den Hochschulen erlauben, ihrerseits Studiengebühren zu erheben. In ihrer Höhe gestaffelt und vielleicht mit Stipendien für sozial weniger gut gestellte Studierende verbunden (was man weithin bei der Einführung der Studiengebührung durch die Landesregierungen und -parlamente versäumt hat). Dadurch können die betreffenden Universitäten ihre Attraktivität bei den Studenten erhöhen, die eine bessere Lehre, Betreuung und Ausstattung zu schätzen wissen. Das würde den Wettbewerb der Hochschulen untereinander fördern und mit Sicherheit von vielen Studierenden angenommen werden. Das alles braucht nur ein wenig Mut und Phantasie der in den Ländern und Hochschulen Verantwortlichen. Auf diese Weise könnte die falsche Entwicklung in Sachen Studiengebühren zum Teil wenigstens rückgängig gemacht werden. Zum Nutzen vor allem der Studierenden. Foto: Claudia Hautumm/pixelio