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Evidenz-basierte Politik

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Andreas P. Müller

Evidenz-basierte Politik

Wie wissenschaftliche Erkenntnisse in politische Entscheidungsbildungsprozesse eingehen

Wie gehen wissenschaftliche Erkenntnisse in politische Entscheidungsbildungsprozesse ein, und welchen konkreten Aufgaben und Herausforderungen begegnen Wissenschaftler:innen, die in (internationalen) politischen Entscheidungsfindungsprozessen auf Politikgestalter:innen treffen? Unter welchen Rahmenbedingungen findet eine wissenschaftliche Beratung im Prozess der politischen Entscheidungsfindung statt? Der Beitrag zeigt auf, dass dieser Prozess von einer Reihe von Ambiguitäten geprägt sein kann. Aufwändige Translationsleistungen sind notwendig, um wissenschaftliche Erkenntnisse in politische Entscheidungen einfließen zu lassen. Dabei können verschiedene Modi und Instrumente angewendet werden. Wissenschaftler:innen sollten darauf vorbereitet sein und im Rahmen der Ausbildung noch besser in Hinblick auf die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten trainiert werden. Der Beitrag macht Vorschläge, wie die Translationsleistung gestaltet werden kann und regt zu einer verstärkten Integration von Ansätzen kritischen Denkens in den relevanten Studiengängen an.

Foto: privat

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Frage, auf welche Weise wissenschaftliche Erkenntnisse in politische Entscheidungsbildungsprozesse einfließen. Die Rolle von Wissenschaftler: innen, die in solche Prozesse eingebunden sind beziehungsweise die zu dem Gelingen solcher Prozesse beitragen, ist die einer aktiv ausgeübten Politikberatung. Dabei wird davon ausgegangen, dass Aufgaben und Bestandteile der Tätigkeit relativ klar sind, zum Beispiel bei der Vorbereitung punktueller Entscheidungen in Abstimmungsprozessen oder bei prozessualen Beratungen hinsichtlich längerfristiger Vorhaben, wie etwa einer Gesetzesvorlage auf der Basis wissenschaftlicher Sachverhalte. Wissenschaftler:innen steuern valides faktenbasiertes Wissen bei; sie bewerten politische Maßnahmen in Hinblick auf mögliche Konsequenzen vor dem Hintergrund nachvollziehbarer objektiver Forschungsergebnisse. Ob sich Wissenschaftler:innen selbst als Berater:innen sehen, sei dahingestellt. Es wäre aber auch möglich, ihre Rolle etwas vager zu formulieren und zu sagen, dass sie zwar in wissenschaftlichen Berufen arbeiten, aber auch die Arbeit politischer Gestalter:innen mit ihren Fachkenntnissen beeinflussen. Doch wie verhält es sich mit dem Bild, das wir von politischen Gestalter:innen haben?

Eingrenzung
Bei der politisch gestaltenden Person, auf Englisch häufig als „Policymaker“ bezeichnet, ist es schwer, eine präzise Definition zu formulieren. Aber wir brauchen ein klares Verständnis von dieser Person und ihrer Rolle im Beratungs- und Gestaltungsprozess, wenn die für sie bestimmte wissenschaftliche Beratung erfolgreich, also adressatengerecht, verständlich, zielorientiert und effektiv sein soll. Darüber hinaus kann die Frage brisant sein, wie die Rollen und Aufgaben in internationalen Entscheidungsfindungsprozessen definiert sind, gerade wenn die Beratung über eine sachliche und beziehungsrelevante Dimension (Watzlawick et al. 2007) hinausgeht und auch eine geo- oder gar sicherheitspolitische Tragweite hat.

Ausgangspunkte
Eigentlich sollte sich der politische Entscheidungsfindungsprozess in allen seinen Phasen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen befassen, inklusive der Formulierung, Umsetzung, Bewertung und Überarbeitung politischer Entscheidungen. Natürlich ist die Realität der politischen Entscheidungsfindung geprägt von vielen anderen Einflussfaktoren. Politische Entscheidungsfindung funktioniert nicht linear, sondern sie entspricht eher einem „Netz“, in dem verschiedene Interessensgruppen mitwirken, darunter Vertreter von Regierung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien. Forschende spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie wissenschaftliche Informationen für die politische Strategie- und Meinungsbildung liefern.

Ansätze für eine erfolgreiche Politikberatung
Es mag trivial klingen, aber die Gestaltung des Transfers zwischen Wissenschaft und Politik ist die eines Gesprächs zwischen den Vertreter:innen zweier Welten. Diese Welten sind allerdings nicht vollständig separiert, es gibt Menschen in der Wissenschaft, die auch politisch aktiv sind und umgekehrt. Außerdem können Vertreter:innen der beiden Gruppen gemeinsame Überzeugungen haben. Zu den beiden Welten gibt es jedoch auch stereotype Verhaltenserwartungen, die das Miteinander prägen können. Wissenschaftler:innen beziehen ihre Glaubwürdigkeit aus der Validität und der Nachvollziehbarkeit ihrer Forschungen. Die Gültigkeit von Forschungsergebnissen und Theorien steht in einem engen Zusammenhang mit dem Popperschen Grundsatz der Falsifizierbarkeit. Lückenlose und gründliche Empirie sowie auch gängige Peer-Review-Verfahren sind wichtige Pfeiler für die Aussagekraft wissenschaftlicher Befunde. Es ist jedoch nicht so, dass Wissenschaftler:innen ihre Erkenntnisse grundsätzlich mit allen sozialen Gruppen teilen, mit denen dies theoretisch und mit einem gewissen Aufwand möglich wäre. Häufig steht dem ein Zeit- und Konkurrenzdruck entgegen. Zugleich ist es ebenfalls nicht so, dass alle Menschen in der Politikgestaltung immer und gleichermaßen an den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft Interesse zeigen. Auch hier gilt, dass Erkenntnisse, die die eigenen politischen Ziele untermauern, eher von Vorteil sein können als andere.

Notwendigkeit von weiteren Bildungsangeboten
Die Gestaltung politischen Entscheidungsfindungsprozesses ist langwierig und komplex. Die Rolle, die Forschende hierbei einnehmen können beziehungsweise die sie aufgrund der existierenden großen Herausforderungen verstärkt werden einnehmen müssen, sollte in Hinblick auf eine bessere Effektivität weiter ausgearbeitet werden. In verschiedenen Bildungsangeboten, sowohl im Studium der Sozial- und Naturwissenschaften als auch in berufsbegleitenden Trainings, sollte kritisches Denken eine Basiskomponente bilden und als eine wichtige Kompetenz vermittelt und trainiert werden. Kritisches Denken bildet unter anderem eine Bezugsgröße zur Konstruktion von Akteursidentitäten, zur Identifikation von Verbesserungspotenzialen in zielorientierten Entwicklungsprozessen sowie allgemein eine grundlegende methodische Kompetenz zur Überprüfung von Validität und Reliabilität gängiger Verfahren und Methoden. Dies gilt es auch für die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse mit der Politik zu nutzen.

Fazit
Der vorliegende Beitrag führte ein in die Rolle der Wissenschaftler:innen und Politikgestalter:innen, die in (internationalen) politischen Entscheidungsfindungsprozessen aufeinandertreffen.

Diese beiden Gruppen sprechen unter Umständen verschiedene Sprachen. Die Translationsleistungen, die jeweils aufzuwenden sind, um die Entscheidungsfindungsprozesse zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, sind anspruchsvoll und die Rahmenbedingungen sind komplex. Es braucht also eine verstärkte Aufmerksamkeit hinsichtlich der ausgeübten Rollen, der Interaktionszusammenhänge und der zu leistenden Wissenschaftskommunikation. Letzteres gilt sowohl in Bezug auf die Gestaltung der Kommunikation als auch auf die hierfür notwendigen Voraussetzungen.
 

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.
     

Prof. Dr. Andreas P. Müller ist wissenschaftlicher Referent beim DLR Projektträger. Zu seinen Aufgaben zählt die Politikberatung insbesondere in der Weiterentwicklung hochschulischer Ausbildung.

Foto: privat