Ein Dr. h. c. für 49 Euro
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Promotion
Ein Dr. h. c. für 49 Euro
Wer fällt auf diese und ähnliche Werbung herein? Immerhin heißt es im Kleinge-druckten zum „Jetzt echter Doktor werden“, dass es sich um einen amerikanischen kirchlichen Ehrentitel handelt. Deshalb muss der Titel als kirchlicher – etwa auf der Visitenkarte – erkennbar sein, denn es handelt sich „nicht um einen akademischen Titel“. Für potentielle Käufer, die man wohl auch im nichtakademischen Milieu vermutet, wird denn auch gleich darauf hingewiesen, dass h. c. „honoris causa“ bedeutet und aus dem Lateinischen kommt. Warum so viel Aufhebens über diesen Schwindel, der ja nicht ganz neu ist? Wer wird außerdem nicht gleich puterrot, wenn er gefragt wird, was das Dr. h. c. mit den zahlreichen ergänzenden Buchstaben wohl bedeutet? Selbst als Karnevalsscherz wirkt dieser Pseudotitel mehr als peinlich und das Geld ist für ein Essen mit einem guten Wein besser ausgegeben. Dass die entsprechenden Betrüger ein gutes Geschäft wittern, ist wahrscheinlich gar nicht einmal so falsch. Denn ein Dr. – mit einem h. c. und erst recht ohne – macht sich eben gut und verheißt bessere und steilere Karriere. Das ist wohl auch der Grund, warum die ob ihres Abschreibens aufgefallenen und anschließend öffentlich gebrandmarkten Politiker meinten, sie brauchten einen akademischen Titel für ihr Weiterkommen. Und Professoren waren es, die ihnen auf diesem Weg leichtsinnigerweise entgegenkamen. Und da stimmt der DFG-Ombuds-mann für die Wissenschaft, Wolfgang Löwer, beim Emmy Noether-Treffen mehr als nachdenklich: Bei überprüften Promotionen sei in einigen Fällen das Niveau der Arbeiten „fast noch peinlicher“ als das Abschreiben gewesen. Doch auch bei ansonsten anspruchsvollen Arbeiten sei klar: „Betrug ist gegen Qualität nicht aufrechenbar.“ Wenn heute nicht wenige Wissenschaftler ungefragt anmerken, dass sie ihre Doktorarbeit nicht bei anderen abgeschrieben haben, so ist das ein Alarmzeichen. Ein Alarm, wie stark die Wissenschaft schon durch die Plagiatarbeiten in Verruf geraten ist. Und wenn Bettina Duval von der Universität Konstanz bei dem Emmy Noether-Treffen Recht hat, dann ist das ein weiteres Alarmzeichen: Aus ihrer Sicht sind Motive für Plagiate Faulheit, mangelnde Motivation und fehlendes Unrechtsbewusstsein. Ein Alarm dafür, dass im Wissenschaftsbetrieb einiges faul ist und dass es zumindest bei nicht wenigen um die wissenschaftliche Ethik nicht gut bestellt ist. Was ist zu tun? Auch wenn es in letzter Zeit wieder etwas ruhiger um die Betrugsfälle geworden ist, so darf man nicht wieder zur Tagesordnung übergehen. Kleiners Vorschlag ist sicher ein wichtiger Hinweis, der in die richtige Richtung zeigt: Promoviert werden soll nur dort, wo auch geforscht wird. Gleichzeitig darf die Promotion nicht als dritte Phase des Studiums missverstanden werden, die gesellschaftliche Anerkennung verheißt. Denn die Promotion setzt selbständiges wissenschaftliches Arbeiten voraus. Zugleich kommt es darauf dann, dass die Professoren ein Auge auf die Motivation möglicher Doktoranden werfen. Und dass Betreuer und Gutachter nicht mehr identisch sind, wäre eine weitere Möglichkeit, um Plagiate und mangelnde Qualität zu verhindern. Aber auch die Gesellschaft kann einiges zu einer neuen Ethik des Promovierens beitragen: Der Doktortitel ist kein Ausweis höherer gesellschaftlicher Wertschätzung, sondern Beweis für nachhaltiges wissenschaftliches Arbeiten. Denn die Gesellschaft ist auf den Ertrag selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens und Forschens künftiger Wissenschaftler angewiesen. Und wer meint, er könne sich für 49 € einen Ehrendoktor mit Urkunde kaufen, der muss wissen, dass er sich der Lächerlichkeit preisgibt. Außerdem kann er dieses Geld sparen, wenn er die Urkunde selbst druckt. Dann ist sie sogar ganz kostenlos – und genauso viel wert wie die gekaufte – nämlich nichts. Bild: ingo132/pixelio