Den Laden am Laufen halten
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Den Laden am Laufen halten

In den letzten Jahren hat sich das Wissenschaftsmanagement (WiMa) zunehmend weiterentwickelt, was Anlass dazu gibt, einen genaueren Blick auf die aktuelle Situation zu werfen. Die Entwicklungen im Wissenschaftsmanagement sind eng gekoppelt mit Veränderungen im Hochschulsystem allgemein. Angesichts dieser Herausforderungen besteht Einigkeit darüber, dass neben der traditionellen Verwaltung zusätzlich Wissenschaftsmanager:innen mit speziellen Kompetenzen, Funktionen und Rollen benötigt werden (Krempkow et al. 2021; Krempkow et al. 2019). Dies hat zum Beispiel jüngst in Sachsen zur Einführung einer eigenen Personalkategorie für Wissenschaftsmanager:innen im Sächsischen Hochschulgesetz (Forschung & Lehre 2023) geführt, um deren Status in den Hochschulen zu festigen. Auch hieraus lässt sich die wachsende Bedeutung und Anerkennung des Wissenschaftsmanagements in Deutschland ablesen.
Da bislang zumeist auf das Wissenschaftsmanagement an Hochschulen geschaut wurde, bestehen Wissenslücken hinsichtlich der Rolle von Wissenschaftsmanager: innen an außeruniversitären Forschungseinrichtungen (auFE). Bei Letzteren rücken forschungsbezogene Aufgaben des Wissenschaftsmanagements in den Vordergrund während sie bei Hochschulen nur einen Teil des Aufgabenspektrums, neben den lehrbezogenen Aufgaben, einnehmen.
Vorliegende Analysen zeigen klar auf, dass das Wissenschaftsmanagement angewachsen ist und mittlerweile durchschnittlich 20 Wissenschaftsmanager: innen je Hochschule beziehungsweise fünf je auFE tätig sind (Schneider et al. 2022; Banscherus et al. 2017). Aber welche Rollen erfüllen Wissenschaftsmanager:innen bei der Ermöglichung und Absicherung von Forschungsqualität? Welche Erwartungen werden an sie gerichtet und welche Rollen sowie Funktionen erfüllen sie tatsächlich? Diese Fragen sollen im vorliegenden Artikel auf Basis eigener empirischer Erhebungen näher erörtert werden. Dabei interessiert insbesondere der Vergleich zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen und inwiefern sich die Funktionen und Anforderungen in diesen beiden Zweigen des Forschungssystems ähneln oder unterscheiden.
Etablierung des forschungsbezogenen Wissenschaftsmanagements im Vergleich
In diesem Abschnitt werden wichtige Entwicklungen im Wissenschaftsmanagement vergleichend für Hochschulen und auFE betrachtet. Dies erscheint sinnvoll, denn das Wissenschaftsmanagement ist von einer undurchsichtigen Vielfalt an Aufgaben gekennzeichnet, erkennbar auch an uneinheitlichen Bezeichnungen der Positionen und unterschiedlichen Aufgabenportfolios.
Organisationale Einbindung: An den Hochschulen in Deutschland ist das forschungsbezogene Wissenschaftsmanagement mittlerweile ein separater Organisationsbereich. Die Strukturen für forschungsbezogenes Wissenschaftsmanagement an den Hochschulen folgen mehrheitlich einem integrativen Konzept. Das heißt, dass sich die (Teil-)Aufgaben im forschungsbezogenen Wissenschaftsmanagement oftmals an einer Stelle beziehungsweise in einer Abteilung zusammengefasst finden.
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Erwartungen an das Wissenschaftsmanagement: Trotz des Umstands, dass Wissenschaftsmanagement sowohl von Hochschulen und auFE als auch innerhalb der Forschungsorganisationen vergleichsweise sehr unterschiedlich umgesetzt wird, decken sich in etwa die jeweiligen Erwartungen an die Arbeit des (forschungsbezogenen) Wissenschaftsmanagements. Die Fallstudien weisen keine herausstechenden Unterschiede zwischen Hochschulen und auFE auf. Vergleicht man die Erwartungen an das WiMa aber nach Akteuren, lassen sich Differenzen beobachten: …
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Funktionen und Rollenverständnis des forschungsbezogenen Wissenschaftsmanagements
Der folgende Abschnitt fokussiert sich auf die vielseitigen Funktionen und Aufgabenbereiche des Wissenschaftsmanagements. Zudem wird eine in den Forschungseinrichtungen beobachtete Diskrepanz zwischen dem Selbst- und Fremdbild der Wissenschaftsmanager:innen aufgezeigt.
Wichtige Aufgabenbereiche des Wissenschaftsmanagements: Das Wissenschaftsmanagement nimmt ein breites Spektrum von Aufgaben und Funktionen wahr. So wird das WiMa sehr oft mit Koordinations- und Mittlerfunktionen verknüpft. Insbesondere die befragten Leitungspersonen an den auFE stellen diese Funktion heraus. Wesentlich seltener wird dagegen das Thema strategische Unterstützung der Leitungsebene(n) als Leistung beziehungsweise Funktion des WiMa herausgestellt – und wenn, dann insbesondere an den auFE. An den Hochschulen spielte dieser Funktionsbereich eine vergleichsweise geringere Rolle.
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Ergänzende Schnittstelle oder erweiterte Verwaltung? In den Befragungen wird eines besonders deutlich: Das Wissenschaftsmanagement sieht sich selbst sehr häufig in einer vermittelnden Rolle und nimmt in seinem Selbstbild oft eine professionalisierte Schnittstellenfunktion zwischen der Wissenschaft und der Verwaltung ein. Diese Rolle wird als nötig empfunden, um diese verschiedenen Bereiche sprachlich zusammenzubringen. Darüber hinaus können Intermediäre auch dazu dienen, Konflikte abzuschwächen oder ihnen vorzubeugen. Durch diese Rolle empfinden sich viele befragte Wissenschaftsmanager:innen als administrative Helfer der Wissenschaft. Das Wissenschaftsmanagement verortet sich dementsprechend selbst am häufigsten als Teil der Wissenschaft. Der Verwaltung zugehörig empfanden sich Wissenschaftsmanager:innen nur in einem Einzelfall an einer Hochschule. WiMa bestehen stattdessen meist auf einer klaren Trennung zwischen Wissenschaftsmanagement und klassischer Verwaltung. Dabei scheint es unerheblich, wie stark das Wissenschaftsmanagement an der Einrichtung zentral oder dezentral strukturiert ist. Viele der befragten Wissenschaftsmanager:innen an auFE empfinden sich mitunter als eine gänzlich eigene Ebene, als eine Schnittstelle, die die Verwaltung ergänzt, oder als einen „Kontrollraum“ im Gefüge der Einrichtung.
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Fazit
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Unterschiede in der Organisation des Wissenschaftsmanagements identifizieren lassen. Für den Vergleich von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen lässt sich folgendes zusammenfassen:
- An den auFE ist das WiMa sehr viel klarer von der klassischen Verwaltung getrennt. An Hochschulen finden sich die Strukturen des WiMa nicht selten mit denen der klassischen Verwaltung vermischt.
- An den auFE ist das WiMa in der Regel in Form von Stabs- und Servicestellen eingerichtet, jedoch folgen die Strukturen für forschungsbezogenes Wissenschaftsmanagement an den Hochschulen sehr viel stärker einem integrativen Konzept, da die forschungsbezogenen Aufgaben dort häufiger zusammengefasst sind. Demgegenüber ist das Wissenschaftsmanagement an den auFE stark an Einzelpersönlichkeiten gebunden – dabei gilt: je kleiner die Einrichtungen, desto stärker die Bindung an Einzelpersonen.
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Die Untersuchung zeigte Inkongruenzen zwischen Selbst- und Fremdbild des WiMa. So sieht sich das WiMa selbst in einer dicht an der Forschung verorteten, koordinierenden Schnittstellenposition während die anderen Rollenträger es eher als administrativen Akteur wahrnehmen. Dennoch empfinden die meisten das WiMa nicht als bloße Erweiterung der Verwaltung, sondern als eine wissenschaftsnahe Ergänzung zur Verwaltung, also mit eigenständigen Handlungsprinzipien ausgestattet, die über das Verwalten hinausgehen. Das heißt aber auch, dass das WiMa zwischen Unterstützung der Wissenschaft und Verwaltungsaufgaben eine Balance finden muss, um als verbindendes Element zu wirken. Es muss also stets die Interessen beider Seiten hinreichend berücksichtigen, ohne einseitig Partei zu ergreifen. Hierbei könnte es helfen, wenn die Rollen und Aufgaben in Hochschulen wie auFE noch klarer als bisher definiert und von anderen Leistungsbereichen abgrenzbar gemacht werden. Ein wichtiges Element der Abgrenzung zur klassischen Verwaltung ist dabei, dass der Fokus auf Ermöglichung von Forschung und weniger auf Regelwahrung liegt, um die sich die Verwaltung kümmert. Die Abgrenzung zur Forschung wird dadurch gestärkt, dass die Aufgaben lediglich die Bedingungen für Forschungsqualität absichern, nicht die Forschungsqualität an sich.
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Dr. Justus Henke, Sebastian Schneider M.A. und Dr. Benedikt Vianden sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg.