Anspruchsvolle Bewertung ist machbar
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Aktuelle Diskussion - Forschungsrating Geisteswissenschaft
Anspruchsvolle Bewertung ist machbar

Erste Aufgabe der 2010 eingesetzten Bewertungsgruppe war die Definition des Faches und seiner vier Teilbereiche: Englische Sprachwissenschaft, Anglistik: Literatur- und Kulturwissenschaft, Amerikastudien und Fachdidaktik Englisch. Das Bewertungsverfahren basierte auf den Prinzipien eines wissenschaftsgeleiteten, mehrdimensional angelegten „Informed Peer-Review" und dem Ziel eines differenzierenden Vergleichs von Einrichtungen anstelle einer Ranglistenbildung. Damit unterscheidet sich das Forschungsrating deutlich von Ranking-Verfahren, weil Grundlage der Bewertung nicht nur die digital erhobenen Daten der Einrichtungen bilden, sondern auch je drei Exzerpte wissenschaftlicher Publikationen von Professoren zur Lektüre eingereicht wurden. Als Bewertungskriterien dienten Forschungsqualität, Reputation, Forschungsermöglichung und Transfer an außeruniversitäre Adressaten, die in jeweilige Bewertungsaspekte untergliedert wurden. Das in Qualität und Quantität der Forschung unterteilte Kriterium der Forschungsqualität erwies sich als tragfähig. Das in Anerkennung und Professional Activities unterteilte Kriterium der Reputation wurde bei der Erhebung der Daten oft unvollständig behandelt, sodass es insgesamt weniger aussagekräftig blieb. Das speziell für das geisteswissenschaftliche Fach eingeführte Kriterium der Forschungsermöglichung erwies sich als sehr produktiv, insofern als Daten über Drittmittelaktivitäten, Nachwuchsforderung, Infrastrukturen und Netzwerke zur Verfügung standen. Weniger produktiv dagegen war das Kriterium des Transfers an außeruniversitäre Adressaten, insofern als nur wenige Einrichtungen an der Vermittlung ihrer Forschungsergebnisse in die Gesellschaft interessiert scheinen.
Die Fachgesellschaften des Deutschen Anglistenverbands, der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien sowie der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung waren von Anfang in das Forschungsrating eingebunden. Die anfänglichen Bedenken gegen das Forschungsrating betrafen die strikte Einhaltung des Erhebungszeitraums von sieben Jahren (2004 bis 2010), die Nicht-Berücksichtigung der Lehrauslastung in den Lehramtsstudiengängen sowie der Forschungsleistungen emeritierter und pensionierter Kollegen und die Problematik von Vakanzen. Gravierend erschienen auch Befürchtungen über die Verwertung der veröffentlichten Ergebnisse durch Universitätsleitungen und Ministerien. Bei der Datenerhebung konnten die Teilbereiche und Einrichtungen jeweils Angaben zu den konkreten Bedingungen von Forschung abgeben, die für solche kritischen Anmerkungen genutzt wurden.
Fazit
Bei der Veröffentlichung der Ergebnisse universitätsintern und durch den Wissenschaftsrat im Dezember 2012 war die Akzeptanz des Verfahrens gegeben, die durch positive Reaktionen auf die Einschätzung des Faches Anglistik/Amerikanistik akademisch und gesellschaftlich gestärkt wurden. Neben der vergleichenden Bewertung der Teilbereiche und ihrer Einrichtungen ergaben sich durch das Verfahren auch Möglichkeiten der Selbstdefinition der Teilbereiche des Faches und der nationalen wie internationalen Einordnung. Insgesamt wurde ein gutes Ergebnis erzielt, das den vorhergehenden Pilotstudien vergleichbar ist. Die anfänglich skeptischen Stimmen über die Möglichkeiten des Forschungsrating in der Geisteswissenschaft wurden durch die Arbeit der Bewertungsgruppe entkräftet, sodass in einer nachfolgenden Kommission Kriterien für die Ausdehnung des Forschungsrating auf weitere Fächer erarbeitet wurden, die 2013 vom Wissenschaftsrat verabschiedet wurden.
Foto: Privat
Einen weiteren Beitrag zum Thema "Forschungsrating" und Beiträge zum Schwerpunkt "Forschungsergebnisse & Wissenschaftsmanagement" lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von WISSENSCHAFTSMANAGEMENT.