"90 Prozent der geförderten Existenzgründer bleiben selbstständig", "Kulturen der Kritik“ und "Studie: Soziale Medien sind Fundgrube für Untersuchungen"
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Neues aus der Forschung
"90 Prozent der geförderten Existenzgründer bleiben selbstständig", "Kulturen der Kritik“ und "Studie: Soziale Medien sind Fundgrube für Untersuchungen"

90 Prozent der geförderten Existenzgründer bleiben selbstständig
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB
Knapp 90 Prozent der von den Arbeitsagenturen mit einem Gründungszuschuss Geförderten waren rund 18 Monate nach dem Beginn der Förderung noch selbstständig. 7,5 Prozent der ehemals Geförderten waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt, weniger als 2,5 Prozent arbeitslos. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor, die am Montag veröffentlicht wurde.
Nach der Reform des Gründungszuschusses Ende 2011 ist die Nachhaltigkeit der Gründungen damit leicht gestiegen. Vor der Reform lagen die entsprechenden Anteile bei rund 80 Prozent Selbstständigen, gut zehn Prozent sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und etwas über fünf Prozent Arbeitslosen.
Neben der Reform kommen aber ebenfalls andere Erklärungen in Betracht: „Die Verbesserungen der Nachhaltigkeit der Gründungen könnten auch auf eine günstigere konjunkturelle Lage zurückzuführen sein“, so die Arbeitsmarktforscher. Während vor der Reform des Gründungzuschusses ein Rechtsanspruch auf die Förderung bestand, muss der Gründungswillige jetzt den Arbeitsvermittler davon überzeugen, dass seine Existenzgründung förderungswürdig ist. Die Förderung einer Existenzgründung kommt dabei erst dann in Betracht, wenn die Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung nicht aussichtsreich erscheint.
Mit der Reform strebte die Politik erhebliche Budgeteinsparungen an. Die Ausgabensparziele wurden auch erfüllt: Die Zahl der Geförderten sank von gut 130.000 im Jahr 2011 auf rund 20.000 im Jahr 2012 und damit um mehr als 80 Prozent, und auch die Ausgaben pro Gefördertem gingen im Zuge der Reform zurück. Die Ausgaben für den Gründungszuschuss verringerten sich von 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf rund 220 Millionen im Jahr 2013. Die Reform sollte zudem Mitnahmeeffekte reduzieren. Eine potenzielle Mitnahme liegt dann vor, wenn Arbeitslose auch ohne Förderung eine Gründung vorgenommen hätten und die Gründung auch ohne Förderung erfolgreich gewesen wäre.
Die IAB-Forscher stellen in ihrer Studie dazu fest, dass der Anteil von potenziellen Mitnahmen an allen geförderten Gründungen von 19 Prozent auf 28 Prozent zugenommen hat. Aufgrund der gesunkenen Förderzahlen ist gleichzeitig die absolute Zahl von potenziellen Mitnahmen gesunken. „Überträgt man die ermittelten Anteilswerte auf die Gesamtzahl der Geförderten in den Jahren 2009 und 2012, sind vor der Reform ca. 27.800 und nach der Reform ca. 5.700 geförderte Gründungen als potenzielle Mitnahmen einzustufen“, schreiben die Arbeitsmarktforscher. Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2015/kb2115.pdf.
http://www.iab.de/de/informationsservice/presse/presseinformationen/kb21...
„Kulturen der Kritik“
Leuphana Universität Lüneburg
Die Leuphana Universität Lüneburg richtet ihr erstes von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Graduiertenkolleg ein, zum Thema „Kulturen der Kritik. Formen, Medien, Effekte.“ Die Laufzeit beträgt zunächst 4,5 Jahre, das Fördervolumen 3,5 Millionen Euro. Gefördert werden 12 Doktoranden.
Das Kolleg untersucht die Möglichkeiten, Wirkungen und Bedingungen kritischer Darstellungs- und Handlungsweisen. Durch die Fülle an neuen, vor allem digitalen Formen kritischer Praktiken stellt sich die Frage, was heute unter Kritik zu verstehen ist: Was kann überhaupt noch als kritischer Akt gelten? Welche Akteure, Erwartungen und Bedingungen spielen dabei eine Rolle? Wie bestimmen Formen und Medien der Darstellung das Verhältnis von Kritik und Gegenstand? Die Promovierenden werden ihre Forschung dabei auf die drei Bereiche Kunst-, Medien- und Sozialkritik konzentrieren. Sprecherin ist Dr. Beate Söntgen, an der Leuphana Professorin für Kunstgeschichte.
In dem Graduiertenkolleg können in den kommenden 4,5 Jahren insgesamt 21 Nachwuchs-Wissenschaftler forschen: Im Kolleg stehen 10 Doktorandenstellen zur Verfügung und eine Postdoc-Stelle. Die Leuphana stellt zusätzlich 2 Doktorandenstipendien zur Verfügung und wird nach Ablauf der ersten Kollegphase eine Juniorprofessur zum Thema einrichten. Weitere 4 Doktoranden, deren Promotion aus anderen Mitteln gefördert wird, können außerdem als Assoziierte im Kolleg forschen. Integriert werden zudem 3 besonders qualifizierte Masterstudierende.
Leuphana-Präsident Sascha Spoun: „Das Kolleg ermöglicht es, das gesellschaftlich so wichtige Thema der Kritik interdisziplinär an der Leuphana zu erforschen. Der wissenschaftliche Nachwuchs erhält durch die Förderung der DFG die großartige Chance, sich für mehrere Jahre ganz der Forschung und interdisziplinären Vernetzung zu widmen." Beate Söntgen, Professorin für Kunstgeschichte an der Leuphana und Sprecherin des Graduiertenkollegs, sagte: „Kritik und Kultur sind in der Moderne fest miteinander verwoben. Kritik dient in modernen Gesellschaften der individuellen und der kollektiven Selbstverständigung. In welcher Weise Kritik heute noch, in Zeiten des rasanten Wandels auch der kommunikativen Formen und Medien, eine fundamentale Rolle in der Aushandlung, Beschreibung und Bewertung sozialer und ästhetischer Prozesse spielt, ist die wichtigste Frage des Kollegs.“
Das DFG-Graduiertenkolleg ist an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Leuphana angesiedelt. Beteiligt sind 10 Wissenschaftler aus Kunst-, Medien- und Literaturwissenschaft sowie aus Philosophie und Soziologie. Damit wird die Lüneburger Tradition der produktiven Zusammenarbeit zwischen Geistes- und Sozialwissenschaften in der Fakultät Kulturwissenschaften fortgesetzt. Geplant ist außerdem, für das DFG-Graduiertenkolleg mit der Sorbonne in Paris, der Goldsmiths Universität in London und der Universität Utrecht zusammenzuarbeiten.
http://www.leuphana.de/news/pressemitteilungen/pressemitteilungen-ansich...
Studie: Soziale Medien sind Fundgrube für Untersuchungen
Freie Universität Berlin
Soziale Medien sind einer Studie zufolge aufgrund ihrer Verankerung in der modernen Gesellschaft sowie wegen der Durchdringung der Gedankenwelt und der Verhaltensweisen von Menschen eine Fundgrube für Untersuchungen in den Neurowissenschaften. Facebook, Twitter und andere Plattformen seien hilfreiche Werkzeuge für eine große Bandbreite von Forschungsfeldern und für wertvolle Erkenntnisse, heißt es in der Untersuchung, deren Ko-Autor Dr. Dar Meshi am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität forscht. Die Studie wurde in der jüngsten Ausgabe der renommierten Zeitschrift „Trends in Cognitive Sciences“ veröffentlicht. Kooperationspartner ist Professorin Diana Tamir von der Princeton University in den USA.
„Neurowissenschaftliche Forschung, die sich auf die sozialen Medien stützt, steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt der Ko-Autor der Studie, Dr. Dar Meshi. Doch die Zahl an Menschen, die Zeit in den sozialen Medien verbringen, sei enorm; schon jetzt hielten sich viele Menschen mehrere Stunden am Tag in den sozialen Medien auf. Dadurch würde die Online-Umgebung zunehmend wertvoll auch für wissenschaftliche Studien, denn sie ließen Rückschlüsse auf soziale Interaktionen der Nutzer zu.
In der Studie stellten die Forscher fest, dass Neurowissenschaftler sich Ähnlichkeiten im Online- und Offline-Verhalten von Nutzerinnen und Nutzern zunutze machen könnten, weil das Online-Verhalten Rückschlüsse auf deren Sozialverhalten in der realen Welt zulasse. So könne beispielweise das Verhalten der Nutzer in den sozialen Medien mit dem Ziel analysiert werden, etwas über deren emotionale Verfassung zu erfahren. Aus den Änderungen im Umfang der Aktivitäten eines Nutzers in den sozialen Medien, die sich Posts und Tweets anderer Nutzer ausgesetzt haben, lasse sich beispielsweise etwas über deren Konformität im Sozialverhalten ablesen. Zudem gebe etwa die Art, wie und in welchem Umfang Nutzer Nachrichten in den sozialen Medien ansteuerten, Hinweise auf deren Neugierde; der digitale Fußabdruck in den sozialen Medien insgesamt erlaube Rückschlüsse auf deren Persönlichkeitsmerkmale.
Wie die Wissenschaftler weiter herausfanden, lässt sich auch Nutzen aus Unterschieden zwischen den sozialen Umgebungen – online und offline – ziehen. So teilten Menschen in einer realen Unterhaltung mit anderen während rund 30 Prozent des Gesprächs Informationen über sich selbst. Online dagegen, wo Menschen unbegrenzte Möglichkeiten haben, Informationen zu teilen, würden rund 80 Prozent der Posts mit Informationen über sich selbst bestritten. Auch die Auswirkungen sozialer Normen auf das Verhalten in Offline- und Online-Umgebungen könnten untersucht werden: So würden soziale Normen in einem realen Gespräch in der Regel ein höfliches Verhalten vorgeben, während im Verhalten offline die Distanz in Plattformen sozialer Netzwerke zu einer Verletzung dieser Normen verleiten könne.
„Dadurch, dass sich Menschen in den sozialen Medien durch die Distanz zu anderen Menschen von einigen sozialen Normen gewissermaßen entbunden fühlen, die normalerweise ihr Verhalten prägen, erlaubt deren Verhalten in sozialen Medien interessante Einblicke“, betont Dar Meshi. So könnten die Wurzeln des sozialen Verhaltens und die verschiedenen Einflussfaktoren analysiert werden. Neurowissenschaftler könnten beispielsweise bestimmte Verhaltensfaktoren in Online-Umgebungen messen und diese Ergebnisse auf die Struktur und Funktion des Gehirns beziehen. Auf diese Weise sei es möglich zu ergründen, wie sich das Sozialverhalten von Menschen verändert, wenn sie sich in neuen Umgebungen aufhalten.
Dar Meshi betonte, dass die sozialen Medien nicht nur Werkzeuge wissenschaftlicher Analysen sein dürften; Forscherinnen und Forscher müssten auch die positiven und negativen Auswirkungen der Nutzung sozialer Medien auf die Menschen selbst in den Blick nehmen. Dies sei wichtig angesichts des beträchtlichen Anteils von Kindern und Jugendlichen. „Die Nutzung sozialer Medien können positive Auswirkungen haben“, unterstrich der Wissenschaftler. Doch es müsse erforscht werden, wie sich die Nutzung auf das Gehirn auswirke angesichts der Tatsache, dass soziale Medien auch süchtig machen können und dies zu einer Verschlechterung der schulischen Leistungen, zum Verlust des Arbeitsplatzes und zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führen könne
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http://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2015/fup_15_359-studie-...
Bild: Rainer Sturm www.pixelio.de