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Professor Péter Horváth (*1937, †2022)

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Jürgen Blum

Würdigung 2/6

Professor Péter Horváth (*1937, †2022)

Ein kollegialer Nachruf

Es war schon eine besondere Berufung, die Péter Horváth 1981 von der Universität Bielefeld an die betriebswirtschaftliche Fakultät der Universität Stuttgart führte. In der mir als damaliger Kanzler zuständigkeitshalber obliegenden Berufungsverhandlung, ging es ihm nicht um den persönlichen gehaltlichen Zugewinn, sondern entscheidend um die Frage, wie er „in genehmigter Nebentätigkeit“ parallel zum Hauptamt beanstandungsfrei ein betriebswirtschaftliches Beratungsunternehmen gründen und betreiben könne. Er wollte verbindlichen Rat, auf den er sich zur gegebenenfalls eigenen Entlastung auch berufen könne. Das Ergebnis unserer Berufungsverhandlung stand schnell fest: der übliche gehaltliche Zugewinn und die Zusage der persönliche Beratung zu der von Horváth beabsichtigten Gründung eines betriebswirtschaftlichen Beratungsunternehmens in zu genehmigender Nebentätigkeit. Die gehaltliche Zusage wurde natürlich schriftlich fixiert. Für die Beratungszusage reichten das Wort und der Handschlag. Mutig von uns beiden, aber im Rückblick erfolgreich.

Foto: privat

Der kurzen Berufungsverhandlung schloss sich ein langes Gespräch über die für uns beide beruflich spannende Frage an, ob und wie sich das in und für die Wirtschaft bereits vielfaltig bewahrte und inzwischen auch ausgefeilte betriebswirtschaftliche Führungs- und Handlungssystem auf die öffentliche Verwaltung, zum Beispiel auf Wissenschaftseinrichtungen wie Universitäten übertragen lasse. Wir haben die Universität damals übereinstimmend gedacht und beschrieben als staatlich- öffentliche Daseinsvorsorge für die Spitze der Volksbildung mit elementarer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Das Erfolgskriterium der Wirtschaft: „Profit“ konkurriert mit den Erfolgskriterien der Wissenschaft: „Innovation und Originalität“. Das grundgesetzlich geschützte Privileg der „Wissenschaftsfreiheit“ ist Voraussetzung unseres Bildungssystems. Wir waren uns einig: Das „Was“ der Wissenschaft darf nicht durch betriebswissenschaftliche Überlegungen und Verfahren bestimmt werden, das „Wie“ der Wissenschaft dagegen konnte durchaus durch die Anwendung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und Verfahren verbessert (beispielsweise verbilligt) werden.

 

Die Berufung wurde vollzogen und war erfolgreich, die Beratungsfirma Horváth und Partner wurde in sehr kurzer Zeit gegründet, und sie ist bis heute sehr erfolgreich. Zu den Gründungsverhandlungen hat er mich immer wieder mal hinzugezogen, aber es hatte dessen nicht bedurft, er hatte ein sehr klares Businesskonzept. Beruflich hatten wir damals häufige Begegnungen und immer wieder Gespräche über unser gemeinsames Thema, wie man „Hochschulverwaltung“ zu einem „Hochschulmanagement“ fortentwickeln könne. Eines Tages, ich war damals 45 Jahre alt und nicht promoviert, hat er mich wie beiläufig gefragt, ob ich nicht Lust hatte, doch noch zu promovieren. Er hat mir das schmackhaft gemacht, und das konnte er: Etwas Neues denken, wirklich durchdenken, mal wieder theoretisch arbeiten neben der pragmatischen Routine des Verwaltungsalltags. Er hat mich für seinen Vorschlag gewonnen und daraus wurde die 1988 erschiene Promotionsschrift „Hochschulmanagement – Organisation der Forschungskooperation mit der Wirtschaft“ an der BWL-Fakultät der Universität Speyer. Für den Gedankenflussplan war er mein Mentor, strikt und gleichzeitig zurückhaltend, immer handlungsorientiert. Ich kann mir heute nicht erklären, warum ich ihm die Arbeit nicht gewidmet habe. Ein Versäumnis! Aus seiner Fakultät weiß ich, dass er viele seiner Studentinnen und Studenten in ähnlicher Weise wie mich zu erfolgreichen Promotionen angeregt und motiviert hat, die dann später Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Unternehmens geworden sind.

 

Ideengeber und Motivator wurde Péter Horváth auch für meine Publikationsreihe für Universitäten und Großforschungseinrichtungen unter dem Stichwort „Hochschulmanagement“ (statt „Hochschulverwaltung“). Es entstanden Publikationen und Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu diesem Thema mit der sich immer weiter verbreitenden Perspektive, die Effizienz der Wissenschaftseinrichtungen durch Professionalisierung der Organisation und Ablaufe der Wissenschaftseinrichtungen zu steigern. Wesentlich beigetragen zu diesem Prozess hat Markus Lemmens mit seinem Bonner Verlag und der von dort ausgehenden professionellen medialen Betreuung. Der Kreis derer, die sich für das Thema „Wissenschaftsmanagement“ mit der Zeit zunehmend interessierten wurde größer und dann auch zunehmend interessiert wahrgenommen von der Wissenschaftspolitik, den Einrichtungen zur Wissenschaftsforderung, Rechnungshöfen und auch der Industrie, zu deren Kundschaft die Wissenschaftseinrichtungen gehören.

Aus diesem Kreis der Kolleginnen und Kollegen wurde dann der Gedanke entwickelt, das neue Thema „Wissenschaftsmanagement“ zu institutionalisieren mit der Aufgabe:

  • Organisierter Gedankenaustausch zum Thema,
  • Fort- und Weiterbildung mit dem Ziel der Professionalisierung und Steigerung der Effizienz,
  • Identifizierung und Bearbeitung von Themen zur Fortentwicklung und Optimierung eines betriebswirtschaftlichen Managementsystems für Wissenschaftseinrichtungen und
  • begleitender professioneller Pressearbeit.

Umgesetzt wurden diese Gedanken zu einem „Zentrum für Wissenschaftsmanagement“ an der Universität Speyer, ZWM, das in diesem Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen feiert. Ohne Péter Horváth würde es dieses Zentrum wohl nicht geben. Es waren initial seine Gedanken und Vorstellungen, die zu dieser Gründung geführt haben. Bei der generellen Frage, ob und wie man das betriebswirtschaftliche Instrumentarium auf die Wissenschaftseinrichtungen anwenden kann, war für ihn und uns alle, die wir daran beteiligt waren, wichtig, dass es dabei um die Effizienz der Wissenschaftsmanagementprozesse, „das Wie“ und nicht um die die Wissenschaft selber, das „Was“, geht. Das Primat des Wissenschaftsmanagements ist die grundgesetzlich gewahrte Wissenschaftsfreiheit, dem das Wissenschaftsmanagement zu dienen hat.

 

Nach zwanzig Jahren seiner inzwischen stattlichen Existenz wäre es sicherlich sinnvoll, zu bilanzieren: Welche Vorteile sind mit welchem Aufwand für die Wissenschaftseinrichtungen inzwischen erreicht worden? Péter Horváth hatte zur Zentrumsgründung einen kontinuierlichen, zum Beispiel jährlichen, Evaluationsprozess vorgeschlagen, der jedenfalls einmal stattgefunden hat, aber dann wohl nicht mehr, so eine telefonische Auskunft aus dem ZWM. Es war nicht die Vorstellung der ZWM-Gründerinnen und ZWM-Gründer, eine Agentur für Fort- und Weiterbildungseinrichtungen im Wissenschaftsmanagement auf den Weg zu bringen, und das profitabel. Wir hatten uns mehr vorgestellt. Unter der Anregung von Petér Horváth ist seinerzeit beispielsweise das Thema „Wissensbilanzen in Wissenschaftseinrichtungen“ aufgelegt, aber dann wohl nicht weiterverfolgt worden. Schade!

 

Péter Horváth und ich waren keine persönlichen Freunde. Dafür waren unsere persönlichen Begegnungen nicht häufig genug. Aber er gehört zu meinen wichtigsten beruflichen Begegnungen. Ich habe ihm viel zu verdanken.

 

Prof. Dr. Jürgen Blum promovierte 1988 in der Verwaltungswissenschaft. Von 1995 bis 2015 war Jürgen Blum niedergelassener Rechtsanwalt und Berater im Wissenschaftsbereich. Zwischen 2002 und 2005 war er als Mitbegründer und geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Wissenschaftsmanagement (ZWM) e.V. Speyer tätig.

Foto: privat