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Die Berufung von Professorinnen und Professoren

news

Mathias Neukirchen, Hendrik Büggeln und Etienne Emmrich

Berufungsverfahren

Die Berufung von Professorinnen und Professoren

Berufungsverfahren Schritt für Schritt rechtssicher gestalten

Berufungsverfahrenen gelten zwar – leider häufig zu Recht – als langwierig und wenig transparent, sie zählen aber zu den wichtigsten und gleichzeitig komplexesten und rechtlich anspruchsvollsten Prozessen der akademischen Selbstverwaltung. Dieser Artikel gibt einen vollständigen, chronologisch aufgebauten Überblick über die einzelnen Phasen einer Berufung von den vorbereitenden Verfahrensschritten, über die Ausschreibung, die Arbeit der Gremien, die Vorstellung, die Ruferteilung und die Berufungsverhandlung bis zur Ernennung. Von Praktikern für Praktiker:innen geschrieben bietet der Artikel insbesondere denen, die – sei es als Bewerber:innen oder als Mitglieder der zuständigen Hochschulgremien – zum ersten Mal an einem Berufungsverfahren teilnehmen, einen schnellen und präzisen Überblick.

Wissenschaftsmanagement - Entscheiden.Führen.Gestalten

Um die rund 45.000 hauptberuflichen Professorenstellen an den deutschen Hochschulen besetzt zu halten, müssen jährlich tausende Berufungsverfahren durchgeführt werden – auch weil ein oder sogar mehrere Wechsel der Professur vielfach eine Verbesserung der sächlichen und personellen Ausstattung sowie der Besoldung ermöglichen (Neukirchen/Emmrich 2021, 33). Die Auswahlverfahren an den Hochschulen müssen, wie für alle Bedienstete im öffentlichen Dienst, unter Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese gemäß Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz durchgeführt werden: Jede:r Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte, also auch zu jeder Professur. Berufungsverfahren für Hochschullehrer:innen sind zudem im Lichte des Grundrechts der Freiheit von Forschung und Lehre aus Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz auszugestalten, denn sie dienen der Auswahl der eigentlichen Träger:innen dieses Grundrechts durch Selbstergänzung der Kollegien (BVerfGE 35, 79; Geis 2004, 12 ff.; Neuhäuser 2011, 268 f.).

Die einzelnen Schritte im Berufungsverfahren
Das Berufungsverfahren besteht aus zahlreichen Einzelschritten, die in drei Verfahrensphasen zusammengefasst werden können: Der ersten sind sämtliche vorbereitenden Schritte zuzuordnen. Die zweite und zentrale Verfahrensphase umfasst die Arbeit der Berufungskommission. In der dritten Phase folgen nach Vorlage des Listenvorschlags der Berufungskommission die weiteren, abschließenden Verfahrensschritte bis zur Ernennung der erfolgreichen Bewerberin oder des erfolgreichen Bewerbers.
 

Auch wenn der wesentliche Teil des Berufungsverfahrens – die Erstellung eines Berufungsvorschlags mit einer Reihung von in der Regel drei Bewerber:innen – in der Berufungskommission erfolgt, der nach ständiger Rechtsprechung die fachliche Einschätzungsprärogative zukommt, sind sowohl vor als auch nach deren Arbeit wesentliche und rechtlich relevante Verfahrensschritte zu gehen, die zu der Verfahrensdauer von häufig einem Jahr oder weitaus länger nicht unerheblich beitragen.

Phase 1: Vorbereitende Verfahrensschritte
Dem Beginn des eigentlichen Berufungsverfahrens sind einige Verfahrensschritte vorgeschaltet: Zunächst muss in der Regel die (Wieder-) Zuweisung der Planstelle beantragt und gegebenenfalls die Denomination (neu) festgelegt werden. Sodann muss die Stelle ausgeschrieben und die Berufungskommission eingesetzt werden.

Phase 2: Die Arbeit der Berufungskommission
Der Berufungskommission obliegen die zentralen Schritte des Berufungsverfahrens von der Konkretisierung der Auswahlkriterien über die Sichtung der Bewerbungen und die Vorauswahl, die Vorstellung (Lehrprobe, Fachvortrag, Gespräch mit der Berufungskommission) bis hin zu der vergleichenden Begutachtung der in die engere Wahl genommenen Bewerber:innen und der Erstellung des Berufungsvorschlags.

Dabei muss die fachliche Expertise der Kommissionsmitglieder unter Beachtung materieller und formeller Vorschriften wirksam werden. Wesentliche Entscheidungen und die Arbeit der Berufungskommission sind nachvollziehbar und zeitnah zu begründen und zu dokumentieren.

Phase 3: Die Schritte nach der Arbeit der Berufungskommission und bis zur Ernennung
Das weitere Verfahren hat, bei Unterschieden zwischen Bund, Ländern und gegebenenfalls den einzelnen Hochschulen im Detail, drei Phasen: die Beschlussfassung über den Berufungsvorschlag durch die Fakultät, die Prüfung innerhalb der Hochschule und die Prüfung durch das Ministerium oder, sofern das Berufungsrecht übertragen ist, gegebenenfalls die Erteilung des ministeriellen Einvernehmens. Danach folgen die Ruferteilung, die Berufungsverhandlung, die Erteilung der Konkurrentenmitteilungen an andere Bewerber:innen und abschließend – bei Rufannahme – die Ernennung. Bei Vorliegen eines Sachgrundes ist der Abbruch des Verfahrens möglich.

Fazit
Berufungsverfahren sollte jedes Mitglied der Hochschule kennen und verstehen. Um die Hochschule vor Konkurrentenklagen, langwierigen Verzögerungen, vakanten Professuren und erheblichem Imageschaden zu schützen, sind die oben beschriebenen Verfahrensschritte von den zuständigen Gremien zügig, dabei aber sorgfältig, wissenschaftsadäquat und rechtskonform abzuarbeiten. Die einzelnen Prozessschritte sollten zum obligatorischen Wissen aller potenziellen Hochschulmanager: innen gehören.

 

  • Der komplette Artikel ist im ► Onlineshop von Lemmens Medien erhältlich. Den Abonnenten der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement steht der gesamte Beitrag in ihren Accounts zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Der Beitrag fußt auf Neukirchen/Emmrich (Hrsg.): Berufungen, Befangenheit und Bewerbungsverfahrensanspruch – Ein Kompendium für Berufungskommissionen, Bewerberinnen und Bewerber, Baden-Baden 2021, das gemeinsam von Neukirchen, Emmrich, Büggeln, Kurlemann, Breder und Rockmann verfasst wurde.
 

Dr. Mathias Neukirchen war stellvertretender Kanzler der Universität Hamburg, Kanzler der Universität Rostock, Kanzler der Vietnamese- German University, Kanzler der TU Berlin und ist seither an das Europäische Hochschulinstitut in Florenz entsandt.

Hendrik Büggeln ist seit 2009 Kanzler der Pädagogischen Hochschule Freiburg und gehört dem Arbeitskreis Hochschulpersonal der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands an.

Prof. Dr. Etienne Emmrich ist Professor an der Technischen Universität Berlin und Dekan der Fakultät II – Mathematik und Naturwissenschaften.