50 Jahre Grenzen des Wachstums – wie weiter?
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CASE: Grenzen des Wachstums
50 Jahre Grenzen des Wachstums – wie weiter?
Ernst Ulrich von Weizsäcker nahm ausgehend vom Bericht „Limits to Growth“ an den Club auf Rome von 1972 eine Einordnung vor, die in einen „Call to Action“ mündete. Dieser Beitrag gewährt Einblicke in seine Eröffnungsrede, die Schlaglichter der Tagungsdokumentation sowie das Resümee der Veranstaltung. Die Interviews mit von Weizsäcker und Nida-Rümelin unterstreichen zudem die Bedeutung der Tagungsergebnisse für den fortlaufenden Klima-Diskurs.
Seit der Tagung Anfang 2023 ist einige Zeit vergangen. Zum Kapitel „Green Deal der Europäischen Union“ ist deshalb der Hinweis gestattet, dass sich die Akzeptanz des Green Deal bei der Bevölkerung angesichts einschneidender Maßnahmen zu verändern scheint: Nicht nur schreckte das Heizungsgesetz die deutschen Immobilieneigentümer massiv auf, zudem protestieren Landwirte europaweit gegen die EU-Agrarpolitik. Auch hier ist die Frage zu stellen: Wie weiter? Zur Erinnerung: Die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler beleuchtete im Februar 2023 in Berlin die „Grenzen des Wachstums“ auf unterschiedlichste Weise vor dem Erfahrungshintergrund verschiedener Disziplinen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Mit Wachstum ist dabei gemeint das Wirtschaftswachstum. Darunter wird allgemein die Zunahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft verstanden. Diese wird durch verschiedene Größen ausgedrückt, in den meisten Veröffentlichungen durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP), was viele Kritiker findet.
Wachstum war mit Fortschritt verbunden
Wirtschaftswachstum stand viele Jahre für Fortschritt. Es galt als der Motor für Wohlstand für viele, wenn nicht für alle Menschen, und das weltweit. Wachstum war ein Zauberwort, ein Allheilmittel, bisweilen ein Totschlagargument, das immer zog, um Vorhaben durchzusetzen. Und mehr noch: „Wachstum“ wurde 1967 als politisches Ziel in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) rechtlich vorgegeben. Trotz kritischer Stimmen ist das bis heute so.
Dem „Club of Rome“, einem der international einflussreichsten Think Tanks, kommt das Verdienst zu, als einer der Ersten vor nunmehr 50 Jahren auf die „Limits to Growth“, die Grenzen dieses Wachstums-Postulates, hingewiesen und weltweit Menschen erreicht und zumeist aufgeschreckt zu haben. Heute spricht man vor allem in Fachkreisen von „planetaren Grenzen“.
Beginn einer Ära: der Club of Rome
Der Club of Rome ist eine Non-Profit-Organisation (NPO), die sich für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft der Menschheit einzusetzen. <…> Das Ziel der Gesellschaft ist der Einsatz für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft der Menschheit (Nachhaltigkeit). Die Gesellschaft veröffentlicht regelmäßig „Berichte an den Club of Rome“ und bisher drei Auflagen des Buches Limits to Growth (deutscher Titel: „Grenzen des Wachstums“). Fest steht: Das Zauberwort „Wachstum“ wurde entzaubert. Doch bei vielen ist das noch immer nicht angekommen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind vielfach noch im „Weiter so“ verfangen. Doch auch außerhalb des Krisenmodus gilt: Der Mensch hat ungeheure Beharrungskräfte gegenüber Veränderungen. Veränderung ist unbequem und erfordert häufig Opfer, die schmerzen bei ungewissem Lohn. Der Mensch bleibt daher gerne in seiner Komfortzone – nicht deshalb, weil sie ausschließlich komfortabel wäre. Sie hat jedoch den Vorteil, mit ihr vertraut zu sein. Man hat sich darin eingerichtet. Viele vergessen dabei, dass nicht nur das Tun, sondern auch das Nichtstun seinen Preis hat.
Ein „Weiter so“ ist unmöglich
Die Tagungsergebnisse verlieren nichts von ihrer Spannung, wenn das Fazit schon hier gezogen wird. Es lautet eingängig – es darf kein „Weiter so“ geben. Der Beitrag zeichnet nach, wie es zu diesem Ergebnis kam, weshalb dazu aufgerufen wird, die Erkenntnisse, die seit Jahren vorliegen und ständig erweitert werden, auch umzusetzen. Die Referenten, Impulsgeberinnen und Impulsgeber in den Arbeitsgruppen ließen keinen Zweifel daran, dass die Zeit drängt. Und mehr noch. Sie legen sich darauf fest: Die Verantwortung liege bei uns – „Wir sind dran!“. Der VDW war es wichtig, die „Grenzen des Wachstums“ in einer Mischung aus übergeordneten Überlegungen und einer Gesamtschau mit Rückblick, Status quo und Ausblick zu beleuchten. Dazu wurden Fragestellungen aus dem Tagesgeschäft der EU-Politik sowie Herausforderungen und Konzepte zu verschiedenen zivilgesellschaftlichen Handlungsfeldern diskutiert. Eine philosophische Einordnung rundete das Ganze ab.
Martina Haas ist Expertin für Networking und Kommunikation, Speaker, Autorin und Dozentin. Sie war lange Führungskraft und Geschäftsführerin in einem internationalen Banken- und Immobilienkonzern mit Zuständigkeit unter anderem für die Gremienbetreuung, Beteiligungen, Marketing und Unternehmenskommunikation. Von Hause aus ist Haas Rechtsanwältin. Sie unterstützt Führungskräfte, Unternehmen und Organisationen beim Netzwerkausbau und hält Vorträge zur professionellen Vernetzung. 2019 erschien: „Vergesst Networking – oder macht es richtig!“ https://www.martinahaas.com/
Foto: Agentur Baganz, Berlin